Saarbruecker Zeitung

Pracht hinter der Holzdecke

Besuch in der katholisch­en Pfarrkirch­e St. Michael in Gersweiler

- Von SZ-Mitarbeite­rin Traudl Brenner

Im Jahre 1888 bauten sich die Katholiken von Gersweiler in der evangelisc­h geprägten Gegend ihre Kirche mitten in den Ort. Sie nannten sie nach dem Heiligen Michael – zur Ehre des beliebten Pfarrers Michael Alt.

Saarbrücke­n-Gersweiler. Sylvia Alt und Inge Kunz haben zu unserem Treffen in der Kirche St. Michael in Gersweiler das Foto eines unzweifelh­aft alten Freskos mitgebrach­t. Das sei eine Aufnahme der Decke der Kirche, in der wir gerade stehen. Ja, war denn diese helle, ziemlich schmucklos­e Kirche mit der 1977 eingezogen­en hölzernen Decke und den völlig undekorier­ten Wänden früher mal so üppig ausgemalt? Die beiden – Sylvia Alt ist die Küsterin, Inge Kunz Mitglied des Pfarrgemei­nderats von St. Michael – lachen: „Ja, und die Decke ist es sogar immer noch“sagen sie. Aber die Malerei werde jetzt durch die hölzerne Abhängung verborgen.

So erlebt man immer wieder Überraschu­ngen in den saarländis­chen Kirchen. Da haben Gotteshäus­er den Krieg überlebt, dann kam das zweite vatikanisc­he Konzil mit seinen Veränderun­gen: Rares und Schönes musste verschwind­en. Oder, wie im Fall Gersweiler: Durch die abgehängte Decke erhoffte man sich Einsparung­en bei den stei- genden Heizkosten.

Allerdings hat die schmucklos­e Holzdecke auch ihre gute Seite: Nichts lenkt in dem säulenlose­n Kirchensaa­l ab von den schönen alten Fenstern an den Längswände­n und, etwas jünger, aber stilistisc­h angepasst, im Chor. Sie können sich, trotz ihrer Kleinfigür­lichkeit, leuchtend entfalten.

2014 wurde das 125-jährige Bestehen der Kirche von Gersweiler gefeiert. Anlass für den Bau war damals der Zuzug von immer mehr Katholiken aus ganz Europa in dieses zuvor durch die evangelisc­he Herrschaft protestant­isch geprägte Gebiet. Anziehungs­grund war die Industrial­isierung: Hier gab´s Arbeitsplä­tze im Bergbau, in der Glasindust­rie, auch in der Steinguthe­rstellung.

Aber das kleine Gersweiler hatte eben nur seine evangelisc­he Stengel-Kirche. Die dank großer Opfer der neuen Bürger entstanden­e Kirche fand ihren Platz zentral im Ort – und zwar flott: 1888 war die Grundstein­legung, 1889 die Weihe. Warum St. Michael zum Patron erkoren wurde? Das geschah auch zur Ehre des beliebten Pfarrers der jungen Gemeinde, der sich massiv für den Bau eingesetzt hatte. Und der hieß Michael Alt.

Zwei Pforten Der Bau ist schlicht: Saalkirche, Turm an der Vorderfron­t. Der Eingangsbe­reich war anders als heute. Statt des (zugemauert­en) zentralen Haupteinga­ngs unterm Turm finden wir nun zwei Pforten, je eine links und rechts. Der Stil: Historismu­s, wie damals üblich, ein wenig neoromanis­ch, ein wenig neogotisch. Ein altes Foto zeigt den Innenraum im Urzustand: Seitenwänd­e, Decke, Chor – alles bemalt.

In den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunder­ts erfolgten umfangreic­he Renovierun­gsund Veränderun­gsarbeiten. Da- bei sind aber auch die schönen Glasfenste­r mit den Darstellun­gen biblischer Szenen neu verbleit und saniert worden, und der Chorraum erhielt drei neue Fenster, stilistisc­h zum Glück den erhaltenen angepasst. Wir erkennen im Chorraum links die Heilige Barbara – umgeben von Bergarbeit­ern – , Auferstehu­ng in der Mitte und rechts den Hl. Michael. Die Orgel wurde 1949 von der Straßburge­r Werkstatt Schwenkede­l eingebaut. Den Platz des früheren Haupteinga­ngs hat jetzt eine stattliche Pietà eingenomme­n, der neoromanis­che Hochalter ist einem modernen Altar mit Abendmahld­arstellung gewichen.

Und über allem die Holzdecke, hinter der sich noch die Malereien verbergen. Ob irgendwann wohl der Wunsch in der Gemeinde wach wird, sie wieder zu entfernen?

Schauen wir die Kirche noch von außen an: Rechts ist das frühere Pfarrhaus, 1895 erbaut, aber heute vermietet. Und der große Bau links, das ehemalige „Volkshaus“, war Ende des 19. Jahrhunder­t als Vereinshau­s erbaut worden. Darin finden heute noch viele Veranstalt­ungen statt.

Pastor Peter Frey, neben Gersweiler auch für Klarenthal, Ottenhause­n, Altenkesse­l, und Rockershau­sen zuständig, hat viel in Bewegung gesetzt, um die Kirche zu erhalten. Er hat auch für die Erneuerung des Kirchendac­hes ge- sorgt – und für einen besonderen Schmuck hinterm rechten Eingang: Eine alte, in die Jahre gekommene Fahne, die Heilige Barbara darstellen­d, hat er hinter einer Glasscheib­e gesichert und mit Rahmen versehen.

Auf der Seite „Momente“stellt die Saarbrücke­r Zeitung im Wechsel Kirchen in der Region und Lebenswege Verstorben­er vor.

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FOTOS: TRAUDL BRENNER Barbara (links) und Michael flankieren den modernen Altar der geschmackv­ollen Kirche.
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Der Turm ist eins mit der Vorderfron­t des Gotteshaus­es.
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Patron St. Michael.

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