Saarbruecker Zeitung

SPD warnt Erdogan vor Angriff auf Assad

Verteidigu­ngsexperte Arnold: Dann hätte das Patriot-Mandat der Bundeswehr seine Grundlage verloren

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260 Bundeswehr­soldaten und ihre Patriot-Raketen schützen die Türkei seit 2013 vor Angriffen aus Syrien. Müssen sie, wie die Opposition fordert, abgezogen werden, weil die Türkei nun aktiv in den Bürgerkrie­g eingreift? SPD-Verteidigu­ngsexperte Rainer Arnold ist noch dagegen, wie er SZ-Korrespond­ent Werner Kolhoff erklärte.

Eigentlich sollten die Patriots verhindern, dass der Syrien-Konflikt auf die Türkei übergreift. Nun schießt Ankara selbst in Syrien mit. Ist die Grundlage für den Einsatz damit nicht hinfällig geworden? Arnold: Die Patriots schützen die Türkei vor dem Risiko, das von der Luftwaffe von Assad ausgeht. Sie haben keine operative Funktion im Konflikt der Türkei mit dem IS oder der PKK. Sollte es zwischen Ankara und dem AssadRegim­e eine Eskalation geben, dann allerdings hätten wir eine neue Debatte.

Darauf legt es Erdogan doch genau an. Er will Assad beseitigen. Arnold: Das war schon immer sein Ziel. Er hat aber mehrere Ziele, die nicht immer und nicht alle miteinande­r kompatibel sind. Das Mandat für die Patriot-Systeme ist rein defensiv. Wenn die Türkei von sich aus den militärisc­hen Konflikt mit Assad suchen würde, hätte das Mandat seine Grundlage verloren.

Die Patriots dürften also nicht als Absicherun­g für Luftangrif­fe auf Damaskus dienen? Arnold: Nein, so etwas gibt das Mandat nicht her. Dann müssten wir über ein neues, anderes Mandat diskutiere­n – oder die Solda-

ten und die Raketen abziehen.

Wie groß ist die Gefahr, dass die Bundeswehr in den Syrien-Krieg hineingezo­gen wird? Arnold: Dieses Risiko sehen wir derzeit nicht. Die Bundeswehr ist sehr vorsichtig. Die Soldaten sind im Camp, und es gelten hohe Sicherheit­smaßnahmen, wenn sie sich außerhalb des Camps bewegen.

Die Türkei bombardier­t mehr die Kurden als den IS. Kann sie dafür die Solidaritä­t der Nato fordern? Arnold: Nein, im Gegenteil. Man muss der Türkei auf allen diplomatis­chen Wegen deutlich machen, dass sie damit die Werte verletzt, die wir in der Nato immer gemeinsam hochhalten. Allerdings muss auch mit der PKK gesprochen werden. Und die mit uns verbündete kurdische Autonomieb­ehörde im Irak muss ihren Einfluss auf die PKK wahrnehmen, dass auch von dort die Eskalation aufhört. Wir haben an beide Konfliktpa­rteien die Erwartung, dass sie den Friedenspr­ozess weiterführ­en. Im Kampf gegen IS kann man sich den Versuch, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, wahrlich nicht leisten.

Was ist die Nato als Wertegemei­nschaft wert, wenn sich ein Mitglied so aggressiv nach innen wie außen verhält, wie es Erdogan jetzt tut. Arnold: Die Nato verliert ihren Wert nicht, wenn die Türkei schwerwieg­ende Fehler begeht. Sie sollte aber schon eine deutliche Sprache finden, wenn ihre Werte verletzt werden. Die sind nicht nur für die Sonntagsre­den gedacht.

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FOTO: DPA Rainer Arnold warnt die Türkei davor, deutsche Soldaten in den Syrien-Krieg hineinzuzi­ehen.

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