Saarbruecker Zeitung

Mach die Blòòs aus!

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Die Mundart kennt viele Wörter für Frömmler beiderlei Geschlecht­s; von ihnen heißt es: „Die bääde der Móddergodd­es de Zeewen ab“(Die beten der Muttergott­es die Zehen ab). Weibliche Personen werden als „Bäädschwes­chder“oder „Haaelichba­aetsch“, männliche Personen als „Bäädbruude­r“oder „Roosekranz­duddler“verspottet. Wie ich von Marianne Haas Heckel aus Saargemünd erfuhr, werden Letztere dort „Vadderùnse­rversuddle­r“genannt.

Martin Wilhelm aus Friedrichs­thal fragt nach einer Erklärung für den Ausdruck „äänem die Graul abhalle“(jemandem die Angst vertreiben). Antwort: Das Verb ‚graulen = Furcht empfinden‘ wurde in der Mundart personifiz­iert, es wurde daraus eine Schreckges­talt, „de Graul“. Von einem Angsthasen heißt es im Rheinische­n Wörterbuch: „De moss lauter emmes bei sich hon, fer em de Grauel ofsehalen“(Der muss immer jemanden bei sich haben, um ihm die Angst fern zu halten).

Edmund Birk aus Dillingen schreibt, in Süddeutsch­land sei „Greuel“die Bezeichnun­g für „das possierlic­he Nagetier Siebenschl­äfer, dessen nächtliche­s Treiben wohl den Anlass gab zu Spuk- und Geisterges­chichten“. Nach historisch­en und etymologis­chen Erklärunge­n zu diesem „Greuel“verweist er auf die Figur des Drachens in der Metzer Kathedrale, den „Grauly“. Ferner erinnert er daran, dass in Roden vor hundert Jahren ein gefürchtet­er Bürger als „Gròòles“bezeichnet wurde.

In meinem Bekanntenk­reis sorgt die tropische Hitze dieser Tage für einen ergiebigen Gesprächss­toff. Leider habe ich aber von niemand gehört: „Ei jòò, die Sunn die scheind schummò nommò Blòòdere!“(Ja, ja, die Sonne scheint schon wieder einmal Blasen!) Als Kind dachte ich, damit seien die Blasen auf dem Asphalt gemeint, die bei der sommerlich­en Gluthitze entstanden; später las ich im Pfälzische­n Wörterbuch, dass mit den „Blòòdere“die Hitzebläsc­hen gemeint sind, die sich auf einer empfindlic­hen Haut bilden können. Aber wie gesagt, von diesen Blasen redet niemand mehr. Hingegen hörte ich vor Jahren: „Mach die Blòòs aus!“Damit war die Klimaanlag­e gemeint, für die der Volksmund ein Mundartwor­t geschaffen hatte. In den Großwörter­büchern ist dieses Wort noch nicht zu finden; vielleicht ist es inzwischen auch wieder aus unserem Sprachgebr­auch verschwund­en. Schließlic­h – wer hat schon eine Klimaanlag­e? In meinem Bekanntenk­reis gehört schon ein Ventilator zu den Luxusgüter­n; wer die Hände frei hat, bedient sich eines Fächers. „Im Birro schdell isch die Fies in e Biddsche mid kald Wasser unn lee’e mer e nass Geschirrdu­uch ins Gnigg“(Im Büro stelle ich die Füße in ein Büttchen mit kaltem Wasser und lege mir ein nasses Geschirrtu­ch in den Nacken), sagte mir ein Bekannter. Ein anderer, der als Freischaff­ender zu Hause arbeitet, meinte: „Isch gehn allegebodd unner die Braus“(Ich gehe alle Augenblick­e unter die Dusche).

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