Lodernde Expressivität: Pianist Martin Tchiba spielte in Saarbrücken
Saarbrücken. Alexander Skrjabins zehnte Sonate von 1913, seine letzte, ist ein faszinierendes Werk: Ausgehend von einem schlichten Motiv um eine fallende Terz entwickelt sich ein reißender Klang-Strom voll beißender Chromatik und gespickt von unzähligen Trillern. Der in Budapest geborene Pianist Martin Tchiba spielte die technisch und künstlerisch höchst anspruchsvolle Sonate am Donnerstag in der Stadtgalerie mit einem beeindruckend feinnervigen Sinn für dynamische und klangliche Details – ein Höhepunkt dieses Abends der Saarbrücker Sommermusik.
Skrjabin und Schönberg, zwei der experimentierfreudigsten und auf ihre jeweils eigene Weise radikalsten Avantgardisten des frühen 20. Jahrhunderts, stellte Tchiba ins Zentrum einer „Programmkomposition“, wie er seine detailliert durchgestalteten Konzerte nennt. Über vier „Kapitel“spannte der Pianist (Jahrgang 1982) den Programm-Bogen – von Wegbereitern der Moderne bis zu Zeitgenössischem.
Beginnen ließ er die Zeitreise bei dem 1838/39 komponierten „Regentropfen-Prélude“(op. 28 Nr. 15) von Frédéric Chopin, das unter Tchibas Händen fast ein wenig zu düster-dramatisch geriet, damit andererseits atmosphärisch hervorragend zu Skrjabins folgender Etüde cis-Moll (op. 2 Nr. 1) passte. Über zwei Intermezzi von Brahms, der Uraufführung eines mit Zwölftontechniken experimentierenden eigenen Stücks und dem Intermezzo aus der Suite op. 25 von Arnold Schönberg ging es zurück ins 18. Jahrhundert zu Bachs Fuge in h-Moll BWV 869. Mit höchster Präzision und lodernder Expressivität widmete sich Tchiba allen Werken seines Programms, ließ bisweilen diffizilste Stimmgeflechte transparent werden. Kurtág, Sáry und ein Prélude Skrjabins beendeten den intensiven Konzertabend. jkl