Saarbruecker Zeitung

Modernes Aschenputt­el auf dem Laufsteg

14-jährige Israelin läuft als Model für das Modehaus Dior

- Von dpa-Mitarbeite­rin Alexandra Rojkov

Sofia Mechetner wird als neues israelisch­es Supermodel gefeiert. Die 14-Jährige hat es innerhalb kurzer Zeit auf den Laufsteg von Dior geschafft. Doch ihre schnelle Karriere ruft auch Kritiker auf den Plan.

Tel Aviv. Die Geschichte von Aschenputt­el erzählt von einem hübschen Mädchen: In Armut geboren, schafft sie es schließlic­h an den Hof des Königs. In Israel hat sich nun eine Geschichte zugetragen, die sich wie ein modernes Cinderella­Stück liest. Mit einem Unterschie­d. Was bei Aschenputt­el der Palast des Prinzen war, ist in diesem modernen Märchen das Modehaus Christian Dior.

Die Protagonis­tin heißt Sofia Mechetner. Sie wohnt in Holon, einem Städtchen südlich von Tel Aviv. Vor rund einem Monat tauchte Mechetner plötzlich auf den Fernsehbil­dschirmen und in den Modezeitsc­hriften der Welt auf. Der Grund: Die bis dahin Unbekannte war als Model bei der Pariser Modewoche gelaufen. Israel hat nur wenige Bürger von internatio­naler Prominenz zu bieten. Eine ist das Supermo- del Bar Refaeli (30). Die Aussicht, eine zweite Schönheit internatio­naler Klasse im Land zu haben, ließ israelisch­e Medien aufjubeln. „Israels aufstreben­des Supermodel“titelte die „Jerusalem Post“nach Mechetners Auftritt in Paris. Der Ruhm schwappte bis in die USA: Auch die „Washington Post“griff Mechetners Geschichte auf.

Denn ihr Weg von Holon auf den Pariser Laufsteg liest sich wie ein wahr gewordenes Märchen. Mechetner stammt aus ärmlichen Verhältnis­sen: Die Mutter hielt die Familie mit Gelegenhei­tsjobs als Putzfrau und Näherin über Wasser. Sofia Mechetner kümmerte sich tagsüber um ihre Geschwiste­r, kochte Essen, wusch Wäsche. In der Nacht teilte sie sich mit ihren Geschwiste­rn ein Zimmer. So haben es das junge Model und ihre Mutter dem Fernsehsen­der Channel 2 erzählt.

Doch immer wieder wurde Mechetner auf ihre Größe und Schönheit angesproch­en. Daraufhin meldete die Mutter sie bei einer Modelagent­ur in Tel Aviv an. Den entscheide­nden Karrieresc­hub brachte allerdings der Zufall. Als Mechetner für einen von ihrer Agentur vermittelt­en Besuch in Paris war, traf sie in einem Dior-Laden Raf Simons, den Chefdesign­er der Marke. Dieser buchte das Mädchen daraufhin als Model.

In die vielen Berichte über Mechetners Erfolg mischt sich zuweilen auch Empörung. Denn das neue Star-Model ist gerade einmal 14 Jahre alt. Sie sei viel zu jung, um Haute Couture zu tragen, sagen Kritiker. Viele stören sich an dem Kleid, das sie bei der Dior-Schau trug: hochgeschl­ossen, aber beinahe durchsicht­ig. In anderen Ländern hatte es bereits ähnliche Fälle gegeben. So wurde vor einigen Jahren ein 14-jähriges polnisches Model von der Modewoche in Australien ausgeladen, nachdem es einen Aufschrei der Empörung gegeben hatte. Die Organisato­ren in Sydney legten das Mindestalt­er daraufhin auf 16 fest. Wenig später zog auch die Londoner Fashion Week nach.

Mechetner selbst hat offenbar kein Problem mit der Arbeit als Model – oder mit dem durchsicht­igen Kleid. Laszive Mode sei eine Art von Kunst, sagt sie. Was sie nun mit ihrem Dior-Honorar anfangen werde? „Ich denke, dass wir in eine größere Wohnung ziehen werden“, sagt Mechetner. Sie freue sich auf ein eigenes Zimmer.

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