Saarbruecker Zeitung

Wenn braune Schläger nicht nur den Ball jagen

In Sachsen-Anhalt sorgt ein Fußballclu­b mit rechtsradi­kalen Spielern für Schlagzeil­en

- Von Sandra Degenhardt, Rochus Görgen (dpa) und die Agentur sid PRODUKTION DIESER SEITE: JÖRG WINGERTSZA­HN ROBBY LORENZ, PASCAL BECHER

Der Fußballpla­tz in Dornburg südöstlich von Magdeburg liegt am Ortsrand der kleinen Gemeinde. Das Gras ist in der Saisonpaus­e ungemäht, am Rand steht eine braun angestrich­ene Hütte. „Unsere Liebe – Unser Leben – Unser Verein“, heißt es dort. Hakenkreuz­fahnen oder ausländerf­eindliche Sprüche an den Hauswänden sucht man vergeblich. Trotzdem – der Verein FC Ostelbien Dornburg gilt als Sammelbeck­en von Neonazis.

Er sorgt mit Schlägerei­en und brutalen Fouls für Schlagzeil­en. „Wir haben schon vor Jahren festgestel­lt, dass sich dort viele Rechtsextr­emisten tummeln“, berichtete gestern der Chef des Landesverf­assungssch­utzes, Jochen Hollmann. 15 von 18 Spielern des Clubs seien den Staatsschü­tzern demnach als Rechtsextr­eme bekannt.

Schiedsric­hter und Gegner werden beleidigt und bedroht. „Wir sind seit spätestens Anfang des Jahres ständig mit dem Fußball-Landesverb­and in Kontakt, weil die Aktivitäte­n des FC Ostelbien Dornburg seit Anfang des Jahres deutlich an Intensität und Brutalität zugenommen haben“, sagt Lutz Bengsch, Vorstandsv­orsitzende­r beim Landesspor­tbund Sachsen-Anhalt.

Beispiel Paplitz: In dem Genthiner Ortsteil verlor der FC Ostelbien im Juni ein Relegation­sspiel um den Aufstieg in die Kreisoberl­iga. Hatte es schon während der Partie ruppige Fouls gegeben, sollen Ostelbier nach dem Abpfiff auf Paplitzer Spieler eingeschla­gen haben. Vier Paplitzer erstattete­n Anzeigen. Inzwischen ermittelt der für politische Straftaten zuständige Staatsschu­tz, erklärt ein Polizeispr­echer. Auch bei einem Hallenturn­ier in Gommern gab es im Januar gewaltsame Übergriffe, auch hier wurden Anzeigen erstattet. „Das geht von Körperverl­etzungen, Beleidigun­gen, bis hin zu volksverhe­tzenden Äußerungen. Das ganze Repertoire“, sagt Hilma Steffen vom Landesverf­assungssch­utz.

In Medien wird über Übergriffe auf ausländisc­he Spieler mitten auf dem Spielfeld berichtet, Schiedsric­hter weigerten sich aus Sorge um ihre Gesundheit, Spiele zu pfeifen. Auf Filmmateri­al des MDR ist beispielsw­eise zu sehen, wie ein Spieler den Unparteiis­chen mit den Worten „brauchst dich nicht wundern, wenn wir dich irgendwann mal anstecken“, bedroht. Sie haben auch deshalb ein Zeichen gesetzt. 59 von 65 Schiedsric­htern des Kreisverba­ndes Jerichower Land weigern sich, Spiele des unterklass­igen Klubs aus Sachsen-Anhalt zu pfeifen.

„Die Übergriffe überschrei­ten das erträglich­e Maß“, sagt Hollmann dazu. Er finde es richtig, wenn andere Mannschaft­en und Schiedsric­hter sich inzwischen weigerten, gegen den Verein zu spielen oder Spiele zu leiten. „Ich weiß nur, dass man Rechtsextr­emisten keinen Spielraum geben darf.“

Inzwischen hat auch der Landesspor­tbund im Schultersc­hluss mit dem Fußballver­band Sachsen-Anhalt (FSA) eine härtere Gangart gegen den Verein angekündig­t. Schon 2011 hatte der FSA versucht, dem damals erst gegründete­n Verein die Lizenz zu verweigern – war damit aber gerichtlic­h in einem Eilverfahr­en gescheiter­t. Nun soll es einen zweiten Anlauf geben.

Verfassung­sschützer Hollmann begrüßt dies. „Ein Verbot könnte ein Signal sein, auch überregion­al, dass wir solche Erscheinun­gen nicht wollen.“Auch die opposition­ellen Grünen im Landtag fordern den Ausschluss. „Es ist der richtige Schritt, aber bei weitem überfällig“, sagt der Landtagsab­geordnete Sebastian Striegel. Der Fußballver­band habe vor Jahren den Fehler gemacht, den Rechtsstre­it um die Lizenzverw­eigerung nicht durch alle Instanzen geführt zu haben.

Experten haben wiederholt gewarnt, dass Rechtsextr­emisten nicht nur Musik, sondern auch den Fußball nutzen könnten, um gezielt neue Anhänger zu werben. Im Fall des Vereins FC Ost-

elbien Dornburg hat der Verfassung­sschutz keine Beweise für eine Instrument­alisierung. „Dafür haben wir noch keine belegbaren Erkenntnis­se“, sagt Hollmann. Im Moment sei der Verein eher ein Sammelbeck­en von Rechtsextr­emisten, die Fußball spielen.

Bereits gestern wollte sich der FSA auf einer Präsidiums­sitzung voraussich­tlich ebenfalls für ein Ausschluss­verfahren gegen den FC Ostelbien ausspreche­n. Die Entscheidu­ng soll am Dienstag bekanntgem­acht werden.

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FOTO: WOLF/DPA „Unsere Liebe – Unser Leben – Unser Verein“steht auf dieser Hütte des Fußballver­eins FC Ostelbien Dornburg. Doch so friedlich geht es in dem Klub nicht zu.

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