Der Stellenaufwuchs-Mumpitz
Stellenaufwuchs. Sie wissen, was das ist? Dann sind Sie ein Genie, ein Sprachvirtuose, ein Um-die-Ecke-Denker oder Klaus Kessler. Für die, die nicht Klaus Kessler sind: Klaus Kessler ist ein grüner Landtagsabgeordneter, der auch mal saarländischer Bildungsminister war. Und er hat diese Woche den Stellenaufwuchs, für den im Wörterbuch zwischen Stellenangebot und Stellenbesetzung bisher kein Platz ist, verschickt – per Pressemitteilung.
Mit Stellenaufwuchs umschreibt Klaus Kessler das Phänomen, dass die Städte, Gemeinden und Landkreise nicht das tun, was der saarländische Innenminister Klaus Bouillon will – nämlich Stellen abbauen. Ein Stellenabwuchs, wie es Klaus Kessler vielleicht formulieren würde, ist zumindest im vergangenen Jahr nicht festzustellen gewesen. Im Gegenteil: In den saarländischen Kommunen seien 2014 exakt 298 Stellen neu geschaffen worden.
Nein, kein Skandal. Das Personal wurde eingestellt, weil es in den Kindertagesstätten, in den Schulen und für die Betreuung von Flüchtlingen gebraucht wird. Hinter dem nüchternen Wort „Stellen“verbergen sich also Menschen, die wir in unseren Städten und Gemeinden dringend brauchen und die unserer Gesellschaft guttun. So sieht das auch Klaus Kessler – zumindest wenn ich seine Stellenaufwuchs-Pressemitteilung richtig verstanden habe. Oder, um mir bei Oskar Lafontaine ein Wort auszuleihen: Da wurden keine Sesselfurzer eingestellt.
Im Gegensatz zu Stellenaufwuchs klingt Sesselfurzer regelrecht melodisch. Aber es gibt noch viel faszinierende Wörter. Der Zeichner Flix, der in Saarbrücken gelebt und in Berlin Karriere gemacht hat, hat diese Woche einige genannt, die ihn dazu verleiten, „die deutsche Sprache zu knutschen“: ehrpusselig, Kladderadatsch, süffeln, Überzieher, bauchpinseln, schulmeistern, Mumpitz.