Welche Rechte haben Affen?
Tierschützer in den USA klagen im Namen zweier Schimpansen
Haben Affen Persönlichkeitsrechte? Nach langen Verhandlungen hat eine New Yorker Richterin diese These zwar vorläufig abgelehnt. Ihre Begründung macht Tierschützern aber viel Hoffnung: Letztlich beschloss sie, dass die Frage auf einer höheren Ebene entschieden werden müsse.
Washington. Das gemeinnützige Nonhuman Rights Project (NHP) hat im Namen zweier junger Schimpansen geklagt: Hercules und Leo gehören der Stony Brook University in New York und werden dort gefangen gehalten. Die Tierschützer wollen ein Habeas-Corpus-Recht für sie durchsetzen, also das Recht, nicht ohne Angabe von Gründen inhaftiert zu werden und diese auch anfechten zu können. Es wäre eine Präzedenzentscheidung.
Wenn ein Häftling nicht selbst mit der Außenwelt kommunizieren kann, gibt das USRecht Stellvertretern die Möglichkeit, Klage einzureichen. Dieses Verfahren ist unter anderem Guantánamo-Häftlingen zugute gekommen. Das Habeas-Corpus-Recht schützt „Personen“und definiert diese nicht zwingend als Menschen. Die Kläger argumentierten, die moderne Persönlichkeitsforschung lasse keine Unterscheidung zwischen Mensch und Schimpanse mehr zu.
Der Fall ist nicht der einzige seiner Art. Er hatte aber für Aufmerksamkeit gesorgt, weil Richterin Barbara Jaffe vom Obersten Gericht des Bundesstaates die Wissenschaftler der Universität tatsächlich vor ihre Bank zitierte, um sich gegen die Anwälte ihrer Affen zu verteidigen. Kurzzeitig verwendete sie den Begriff Habeas Corpus sogar selbst. Die Kläger wollen Hercules und Leo in eine Auffangstation entlassen.
Vergangene Woche lehnte Jaffe ihr Ansinnen nun zwar ab. In ihrer 33-seitigen Urteilsbegründung beschäftigte sie sich aber auffällig gewissenhaft mit dem Thema und ließ die Zukunft ausdrücklich offen.
Sie sei an die Alles-oderNichts-Definition aktueller Gesetze gebunden, erklärte Jaffe: Bislang gebe es nur die Möglichkeit, zwischen Personen und Dingen zu unterscheiden, und eine Person sei vor dem Gesetz traditionell, wer neben Rechten auch Pflichten erfüllen könne.
Die Kläger argumentieren, dass diese Interpretation geistig behinderte Menschen massiv bedroht, während die mentale Komplexität von Affen oder Delfinen unter den Tisch fällt. Jaffe räumte ein, dass sich Definitionen vor dem Gesetz ändern können – ausdrücklich verwies sie auf die Entwicklung bei der Rechtslage von Frauen, Afro-Amerikanern und Homosexuellen. „Die Gegenwart kann uns für manche Wahrheiten blind machen“, erklärte Jaffe. Diese Frage müsse aber von einem höheren Gericht oder dem Gesetzgeber beantwortet werden.
Die Argumente der Tierschützer sind bislang von den meisten Richtern als exzellent gelobt worden; auch Jaffe ließ nun Berufung zu, um der Klage den Weg nach oben zu ebnen. NHP strebt keine Gleichstellung mit dem Menschen an, will aber zwischen „Mensch“und „Ding“zusätzliche Kategorien einführen. Diese sollen über Tierschutzbestimmungen hinaus mit einem Mindestmaß an Persönlichkeitsrechten verbunden sein. NHP-Präsident Steven Wise lobte Jaffes Urteilsbegründung und kündigte umgehend Berufung an.