„Nachzutreten ist eine schlechte Entscheidung“
Expertin vom Berufsverband Deutscher Psychologen gibt Tipps, was beim Abschied vom alten Job zu beachten ist
Kuchen mitbringen, sich still verabschieden oder noch mal richtig austeilen? Wer seinen letzten Arbeitstag verbringt, kann beim Abschied so einiges falsch machen.
Berlin. Der Karton ist gepackt, die Schreibtischblume wird mitgenommen – der letzte Tag vor dem Wechsel zu einer anderen Firma kann starke Gefühle auslösen. Wer überlegt, reinen Tisch zu machen, sollte sich über die Konsequenzen im Klaren sein. „Der Abschied entscheidet, wie ich mit den ehemaligen Kollegen später in Kontakt treten kann“, sagt Wirtschaftspsychologin Kerstin Till vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen. Denn die neue Firma erwartet häufig vom Arbeitnehmer, dass er nicht nur sich selbst, sondern auch sein Netzwerk mit- bringt. Es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass sich Arbeitgeber gegenseitig anrufen, um die Meinung über den neuen Mitarbeiter zu erfahren, ergänzt die Expertin. Nachtreten sollten Mitarbeiter deshalb keinesfalls.
Wird der Mitarbeiter nach dem Grund für seinen Jobwechsel gefragt, wäre eine gute Antwort etwa: „Durch meine Tätigkeit hier wurde ich nicht ausgefüllt, der neue Arbeitgeber bietet mir neue Möglichkeiten.“Das nehmen reifere und offene Unternehmen dem Mitarbeiter auch nicht übel, sagt die Expertin.
Ob zum Abschied die Kollegen in die Kneipe eingeladen werden, hängt davon ab, wie gut das Verhältnis war. „So etwas ergibt sich automatisch“, meint die Psychologin. Wer keine Lust hat, mit seinen Kollegen nach dem offiziel-
Am letzten Arbeitstag kommt oft Wehmut auf.
len Abschied noch etwas zu unternehmen, sollte es auch nicht erzwingen. Einen Kuchen mitzubringen, hält sie für eine gute Idee: „Es gehört dazu, den Kollegen etwas Gutes zu tun“. Denn meistens hinterlassen Mitarbeiter, die den Arbeitsplatz wechseln, nicht nur eine emotionale Lücke. Auch die Arbeit der Kollegen ist nach dem Abschied erstmal schwierig, wenn der Ersatz noch gefunden werden muss.
War die Beziehung zum Chef nicht die beste, sollten Arbeitnehmer sich trotzdem mit Kritik zurückhalten. „Auch wenn ich mich in dem Moment gut fühle, was erreiche ich langfristig damit, meinem Chef oder den Kollegen die Meinung zu sagen?“Auch auf Facebook und Twitter sollten Mitarbeiter keine Luft ablassen. „Man weiß nie, was in einem Jahr ist, vielleicht tut einem dann leid, was man gesagt hat. Das Internet vergisst nicht“, sagt Till. Möchten Arbeitnehmer ihre Meinung loswerden, können sie das etwa auf anonymen Bewertungsportalen tun. „Aber auch hier gilt: Neutralität und sachliche Bewertungen. Das hilft dann auch Bewerbern, die über das Unternehmen etwas wissen möchten“, sagt die Psychologin. dpa