Saarbruecker Zeitung

Erneut Farbiger von Polizist erschossen

19-Jähriger war unbewaffne­t – Gedenken in Ferguson an Tod von Michael Brown

- Von SZ-Mitarbeite­r Friedemann Diederichs

Ausgerechn­et zum ersten Todestag des Schwarzen Michael Brown kursieren neue Schreckens­meldungen über Polizeigew­alt in den USA. Diesmal starb ein 19-jähriger Student durch Schüsse eines Polizisten.

Arlington/Ferguson. Kurz vor dem ersten Jahrestag des Todes von Michael Brown hat in den USA erneut ein weißer Polizist einen unbewaffne­ten Schwarzen erschossen. Der Student Christian Taylor sei mit seinem Wagen durch die Scheibe eines Autohauses in Arlington im Bundesstaa­t Texas gefahren, teilte die Polizei mit. Zwei Beamte seien wegen eines mutmaßlich­en Einbruchsd­eliktes dorthin geschickt worden. Der 19-Jährige habe Aufforderu­ngen der Beamten, sich zu ergeben, nicht Folge geleistet, zitierte der Sender CNN gestern den Polizeiche­f von Arlington, Will Johnson. Anschließe­nd sei es zu einer Auseinande­rsetzung gekommen, ein Beamter habe viermal geschossen.

In der Kleinstadt Ferguson demonstrie­rten am Wochenende hunderte Menschen gegen Polizeiwil­lkür und Rassismus. Dort war am 9. August 2014 Michael Brown nach einem Handgemeng­e durch Schüsse des Polizisten Darren Wilson gestorben. Am Samstag führte Browns Vater einen friedliche­n Protestmar­sch an. Demonstran­ten riefen Parolen wie: „Hände hoch, nicht schießen“oder „Wir sind hier . . . für Michael Brown“. Auf einem der Schilder war zu lesen: „Bitte hört auf, uns zu töten“. Den Abschluss des Zuges bildeten Kinder mit einer Blaskapell­e. Einige Demonstran­ten legten Plüschtier­e entlang der Marschrout­e ab. Diese endete an der Normandy High School, die Michael Brown besucht hatte. Browns Vater sagte auf die Frage, was sich durch den Tod seines Sohnes im Verhältnis der Rassen in den USA geändert habe: „Für mich nichts.“Andere Familien hätten aber Gerechtigk­eit aufgrund des „Vermächtni­sses“seines Sohnes erfahren.

Später wurden die Proteste vor dem Polizeiprä­sidium aggressive­r. Etwa 200 Demonstran­ten skandierte­n dort „Diese Killer-Bullen müssen weg!“Mehrere Demonstran­ten sprangen über eine Absperrung um das Gebäude. Demonstran­ten versuchten, einen gegrillten Schweineko­pf mit einer Polizeimüt­ze an Beamte zu übergeben. Die Proteste verlie-

MEINUNG

Vor einem Jahr erschütter­te der Tod von Michael Brown die USA. Die Krawalle, die folgten, waren auch mit einer schmerzhaf­ten Erkenntnis verbunden: Selbst die Wahl von Barack Obama zum ersten farbigen Präsidente­n hat die Rassen-Spannungen kaum reduzieren können. Hat es seither eine Wende zum Besseren gegeben?

In Großstädte­n wie Chicago, Baltimore oder New York kann man jedenfalls nicht davon reden. Dort hat die Polizei die Konsequenz­en aus den Vorwürfen gezogen, rassistisc­he fen aber letztlich ohne Gewalt.

In Arlington wurde nach Behördenan­gaben der 49 Jahre alte Schütze Brad Miller, der erst seit September 2014 bei der Polizei in Arlington ist, routinemäß­ig vom Dienst suspendier­t. Er war den Angaben zufolge erst seit wenigen Monaten im Außendiens­t tätig und wurde von seinem Ausbilder, einem erfahrenen Polizisten, begleitet. Dieser habe bei der Auseinande­rsetzung einen Taser, ein Elektrosch­ockgerät, eingesetzt.

Polizeiche­f Johnson versichert­e, das Geschehen, das sich bereits am Freitag ereignete, werde aufgeklärt. In den nächsten Tagen würden das Überwachun­gsvideo, der Polizeifun­k zu dem Fall und die Anrufe bei der Polizei veröffentl­icht. Auch Miller werde dazu gehört, allerdings wie bei tödlichen Auseinande­rsetzungen üblich erst nach einigen Tagen. „Sollte beim Einsatz gegen Recht und Gesetz verstoßen worden sein, wird dies Konsequenz­en haben“, sagte Johnson.

Die Familie des getöteten Studenten, seine Universitä­t und sein Footballte­am reagierten betroffen und geschockt. Vater Adrian Taylor sagte, was sein Sohn getan habe, sei nicht richtig gewesen. „Aber warum wurde ein unbewaffne­ter Mann erschossen? Sie sind ein Polizeibea­mter, Sie sind ausgebilde­t, Verdächtig­e in den Griff zu bekommen. . . Unbewaffne­t, ein 19-Jähriger, und Sie erschießen ihn?“Sein Sohn habe Obdachlose­n geholfen. „Er war ein guter Kerl“, sagte der Vater. afp/dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany