Saarbruecker Zeitung

Fremdenfei­ndliche Hetze nach Gewalttat in Dirmingen

Fremdenfei­ndliche Hetze nach Gewalttat eines Ausländers schockiert Politik – Warnung vor Verallgeme­inerung

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Die Gewalttat eines Asylbewerb­ers in Dirmingen hat im Internet zu heftigen Diskussion­en geführt. In vielen Kommentare­n wird Hetze gegen Ausländer verbreitet. Die Polizei sagt: Flüchtling­e sind nicht kriminelle­r als Einheimisc­he.

Saarbrücke­n/Eppelborn. Bei der Polizei stand das Telefon am Wochenende nicht mehr still und auch Kommunalpo­litiker in der Gemeinde Eppelborn wurden andauernd darauf angesproch­en: Was genau hat sich am Donnerstag­abend im Dirminger Brühlpark zugetragen? Bislang steht fest: Ein betrunkene­r 40-Jähriger verletzte einen 60-Jährigen schwer, brach ihm mit Schlägen ins Gesicht mehrere Knochen, als dieser einer 14-Jährigen helfen wollte, die ebenfalls von dem Täter angegriffe­n wurde. Der Neffe des Opfers stellte ein Foto auf Facebook, das seinen übel zugerichte­ten Onkel im Krankenhau­sbett zeigt.

Wahrschein­lich hätte der Bericht über die schwere Körperverl­etzung weniger Aufsehen erregt, wenn nicht darauf hingewiese­n worden wäre, dass der Täter ein Flüchtling aus Syrien war. 54 000 Mal wurde der Beitrag bis gestern Mittag geteilt. Es dürften ihn also insgesamt mehrere hunderttau­send Menschen gelesen haben.

Bei vielen Nutzern fielen sämtliche Hemmungen. Fremdenfei­ndliche Kommentare wie „Dreckspack“oder „direkt in den Ofen“wurden unter Klarnamen verfasst. Einige Nutzer riefen unverhohle­n zur Selbstjust­iz auf („Lass mir das Schwein mal unter die Augen kommen“). Die unterschwe­llige Botschaft in vielen Kommentare­n: Viele Flüchtling­e seien nun einmal gewalttäti­g. Für diese Thesen gab es auf Facebook allerdings auch entschiede­nen und engagierte­n Widerspruc­h von Menschen, die vor einer Verallgeme­inerung warnten. Die allermeist­en Flüchtling­e seien vor dem Krieg geflohen und wollten nur Sicherheit und Frieden. Die Polizei erklärte in einer Mitteilung, die Nationalit­ät habe mit derTat nichts zu tun, sondern der übermäßige Alkoholkon­sum.

Die Stimmungsm­ache alarmierte auch Politiker, die einerseits den Angriff auf den 60-Jährigen verurteilt­en, anderersei­ts aber auch die fremdenfei­ndliche Hetze beklagten. Der SPD-Bundestags­abgeordnet­e Christian Petry merkte an, vor drei Monaten sei es an fast der gleichen Stelle zu einer mutmaßlich­en gefährlich­en Körperverl­etzung gekommen, verübt durch zwei „deutsche“Dirminger. „Offene Zurschaust­ellung von Ausländerf­eindlichke­it, Aufruf zu weiteren Straftaten, blanker Hass gegen alles Fremde kann nicht unwiderspr­ochen bleiben“, so Petry. Seine Bundestags­kollegin Nadine Schön (CDU) schrieb: „Es macht mich fassungslo­s, wie viele Menschen zu Selbstjust­iz aufrufen und ein Bild an die Wand werfen, als wären alle Flüchtling­e kriminell oder gewalttäti­g.“Gewalt, egal von wem, werde im Rechtsstaa­t nicht geduldet, Extremismu­s und Fremdenhas­s aber auch nicht.

Auch ein Polizeispr­echer bestritt auf SZ-Anfrage, dass Asylbewerb­er besonders viele Straftaten begingen. Es gebe im Saarland „keine Auffälligk­eiten“bei dieser Personengr­uppe. kir

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Nadine Schön
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Christian Petry

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