Fraktionschef Kauder unter Beschuss
Scharfe Angriffe von Griechenland-Kritikern gegen Fraktionschef Kauder
In der Unionsfraktion wächst der Unmut über Fraktionschef Volker Kauder. Der hatte zuvor gedroht, Abweichler abzustrafen.
Ist Griechenland für Politiker eine Gewissensfrage? Unionsfraktionschef Kauder pocht auf Geschlossenheit. Wer von der Koalitionslinie abweicht, dem droht wohl ein Karriereknick. CDU/CSU-„Rebellen“schlagen wütend zurück.
Berlin. Die Unions-Abweichler, die neue Hilfsmilliarden für Griechenland strikt ablehnen, wollen sich von der Strafandrohung ihres Fraktionschefs Volker Kauder (CDU) nicht einschüchtern lassen. Der CDUAbgeordnete Andreas Mattfeldt sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Es kann nicht sein, dass man nur noch Stimmvieh der Parteiführung ist.“Noch schärfere Töne schlug der saarländische CDUAbgeordnete Alexander Funk an. „Die Einlassungen von Volker Kauder sind für jeden Vertreter der parlamentarischen Demokratie erschreckend und beschämend“, sagte Funk der „Bild“.
Der schleswig-holsteinische CDU-Landeschef, Ingbert Liebing, sagte, die hohe Zahl von Griechenland-Abweichlern sei Volker Kauder ein Alarmzeichen, das die Fraktionsführung auch ernst nehmen sollte: „Die Stimmung in der Fraktion ist nicht gut.“Liebing kritisierte Kauders Führungsstil: „Es fehlt positive Motivation in der Fraktion zur Geschlossenheit – nur mit Druck wird es nicht gelingen.“Seine CDU-Kollegin Veronika Bellmann meinte, Drohungen und Sanktionen stünden nicht in der Fraktionsordnung: „Wenn immer alle Nein-Sager ‚entmachtet’ werden, hat die Union bald ein Besetzungsproblem.“
Mitte Juli hatten 60 der 311 Unions-Abgeordneten im Bundestag gegen die schwarz-rote Regierungslinie gestimmt, die Verhandlungen mit Griechenland über ein neues Hilfspaket fortzusetzen. Das Parlament gab aber mit breiter Mehrheit grünes Licht für die Gespräche zwischen Athen und den Institutionen über ein drittes Hilfspaket, die sich nun auf der Zielgeraden befinden. Der Bundestag müsste in einer weiteren Sondersitzung den Hilfen von bis zu 86 Milliarden Euro noch zustimmen.
In der „Welt am Sonntag“hatte Kauder betont, das Abweichen von der Regierungslinie werde für einzelne Abgeordnete Konsequenzen haben. „Die mit Nein gestimmt haben, können nicht in Ausschüssen bleiben, in denen es darauf ankommt, die Mehrheit zu behalten: etwa im Haushaltsoder Europaausschuss.“UnionsFraktionsgeschäftsführer Micha- el Grosse-Brömer (CDU) sieht das genauso. „Wenn also ein Kollege dauerhaft die Mehrheitsmeinung der Fraktion in seinem Ausschuss nicht vertreten kann, dann sollte er konsequenterweise in einen anderen Fachbereich wechseln“, meinte der KauderVertraute gestern. Auch aus der CSU bekam Kauder Unterstützung. dpa/afp