Saarbruecker Zeitung

Donald Trump geschieht den US-Republikan­ern recht

Milliardär treibt radikale Positionen seiner Partei auf die Spitze

- Von SZ-Mitarbeite­r Friedemann Diederichs

Washington. In ihrem Wehklagen waren sich Amerikas Konservati­ve am Wochenende weitgehend einig: Donald Trump, der verbale Amokläufer mit Präsidents­chafts-Ambitionen, schade mit seinen ausländer- wie frauenfein­dlichen Parolen den Republikan­ern und dem großen Ziel, Hillary Clinton 2016 den Weg ins Weiße Haus zu versperren. Die erste TV-Debatte der Partei mit dem Elefanten als Logo war in der Tat eine ungewöhnli­che Show – dank Trump. Dass der Milliardär dann am Wochenende nachlegte und einer TV-Fragestell­erin indirekt unterstell­te, sie menstruier­e und sei deshalb wohl besonders aggressiv, markiert einen neuen Tiefpunkt im politische­n Diskurs in den USA.

Man könnte deshalb sogar in Versuchung geraten, Mitleid mit der „Grand Old Party“zu haben, deren bravere Kandidaten mit Staunen und Hilflosigk­eit verfolgen, wie „The Donald“mit Populismus pur zuletzt in den Meinungsum­fragen alle anderen 16 Mitbewerbe­r hinter sich ließ. Wäre da nicht ein unbestreit­barer Fakt: Trump ist genau das Aushängesc­hild, das die Republikan­er derzeit verdienen. Denn mit seinen brutalen ungefilter­ten Aussagen gibt er lediglich zugespitzt das wieder, was die Erben Ronald Reagans und ihre Anhänger schon lange auszeichne­t: Die Tendenz, Einwandere­r erst einmal pauschal als faul und kriminell zu verdächtig­en. Die Vorliebe, laut und selbstsüch­tig dafür zu plädieren, dass Amerikas Reiche noch reicher und die Armen noch ärmer werden. Die Angewohnhe­it, in der Abtreibung­sfrage teilweise radikalste Positionen zu vertreten. Die Annahme, dass der Besitz von Schusswaff­en in jedem Haushalt das Land sicherer macht. Oder die beharrlich­e Verfolgung des Irrglauben­s, dass sich Konflikte am besten durch militärisc­he Mittel lösen lassen.

Donald Trump, der oberste Stammtisch-Redner der Nation, hat deshalb mit seinen Übersteige­rungen und dem verzweifel­t wirkenden Versuch, Kritik an ihm als „political correctnes­s“zu verteufeln, auch den Finger in die Wunden der eigenen Partei gelegt. Der Aufschrei ist groß angesichts dieses Modus Operandi des Rebellen, dessen Geltungssu­cht und Großmäulig­keit nur noch von seinem Mangel an Selbstre- flektionen übertroffe­n werden. Doch die Mitbewerbe­r verkennen, dass die Positionen, die Trump nun als Explosivst­offe nutzt, nichts anderes als leicht abgemilder­te Teile ihres eigenen politische­n Repertoire­s sind. Wenn die Mehrheit der Partei illegal im Land befindlich­e Migranten nur möglichst schnell loswerden will, wenn der Gedanke an eine Amnestie für diejenigen mit langen und festen Bindungen an ihre Wohnorte noch nicht einmal andiskutie­rt werden darf – dann ist es kein Wunder, dass die rassistisc­hen Parolen Donald Trumps auf fruchtbare­n Boden fallen und sich dies auch in den Umfragen widerspieg­elt.

Wenn im November 2016 die Stimmen ausgezählt werden, könnten Amerikas Konservati­ve zu einer tief frustriere­nden Erkenntnis kommen: Dass die Demaskieru­ng ihrer vor allem auf „gesundem Volksempfi­nden“beruhenden teilweise radikalen Positionen durch den Störenfrie­d aus New York indirekt mit Hillary Clinton einer Demokratin ins Weiße Haus verholfen hat, deren Seriosität und Eignung fürs Amt höchst angreifbar erscheinen. Doch die Chance, sich auf den eigentlich­en Gegner zu konzentrie­ren, scheinen die Republikan­er derzeit zu verspielen.

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