Saarbruecker Zeitung

Große Aufgaben, kleines Karo

Auf Merkel warten nach dem Urlaub zwei nervöse Koalitions­partner

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Angela Merkels Urlaub ist zu Ende, der Schreibtis­ch aufgeräumt, der Kopf hoffentlic­h auch. Die nächsten Aufgaben sind ziemlich klar, es sind die alten, und sie sind groß. EuroStabil­isierung, Flüchtling­e, Ukraine, das Freihandel­sabkommen TTIP, der brennende vordere Orient. Dazu kommt neuerdings der Einbruch der Börsen in China mit den unabsehbar­en Folgen für den deutschen Export. Deutschlan­d ist zwar satt und im Urlaubsmod­us. Die Welt aber nicht.

Ein wichtiger Termin wird die geplante Kabinettsk­lausur im September in Schloss Meseberg werden. Wenn sie den Kopf wirklich frei hat nach den vielen herrlichen Bergblicke­n in Südtirol, wird die Kanzlerin ihren Ministern dort erklären, dass nicht die Landtagswa­hlen im nächsten Frühjahr in Rheinland-Pfalz, Baden-Württember­g und SachsenAnh­alt die wichtigste Aufgabe sind. Sondern die Lösung der genannten Probleme, mindestens ihre Eindämmung. Sie wird die große Koalition einschwöre­n, noch einmal Großes zu leisten. Mindestens, es zu versuchen.

Doch Merkel ist nicht der Typ für Ärmel-Aufkrempel-Reden, außerdem hat sie ein anderes Großproble­m. Die CSU. Wie bitte, CSU? Ja, die Münchener sind extrem verunsiche­rt, und das wirkt sich auf alle Themen aus, die in der nächsten Zeit in Berlin zu entscheide­n sind. Große Aufgaben, kleines Karo.

Der Asylgipfel am 9. Septem-

GLOSSE ber wird zum Showdown werden. Weitere „sichere Drittstaat­en“, beschleuni­gte Abschiebun­gen, Zeltstädte für Flüchtling­e vom Balkan, das sind die bayerische­n Forderunge­n. Diese muss die Kanzlerin mit jenen der SPD abgleichen, die im Gegenzug ein Einwanderu­ngsgesetz mit Punktesyst­em verlangt, was wiederum Teufelszeu­g für Seehofer und Co ist, auch für Teile der CDU. Und weil die Sozialdemo­kraten derzeit auch nervös sind, wie ihre jüngste Kanzlerkan­didatendeb­atte zeigt, wird das keine einfache Geschichte werden. Aber eine Lösung muss her, denn wenn der Winter kommt, wird die Lage dramatisch.

Bei den Bayern hilft manchmal Geld. Zum Glück steht an nämlichem 9. September auch die Neuregelun­g der Bund-Länder-Finanzbezi­ehungen auf der Tagesordnu­ng, ein echtes Großthema mit Auswirkung­en für Jahrzehnte. Es geht um den Soli, den Aufbau Ost und um die langfristi­ge Finanzkraf­t von Ländern und Kommunen. Wenn der Bund noch ein bisschen drauflegt auf die schon angebotene­n 8,5 Milliarden Euro jährlich, kann der bayerische Traum von einer Entlastung des eigenen Haushalts im Länderfina­nzausgleic­h Wirklichke­it und endlich mal eines der populistis­chen Wahlkampfv­ersprechen erfüllt werden. Und das, ohne den anderen zu schaden. Und die große Koalition könnte sich den großen Aufgaben widmen. Wenn sie noch etwas Energie hat.

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Kolhoff
Von Werner Kolhoff

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