Saarbruecker Zeitung

Ein Energierie­se häutet sich

RWE setzt zu einem radikalen Konzernumb­au an – Schneller mit weniger Bürokratie

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Die Energiewen­de hat RWE in eine der tiefsten Krisen seiner fast 120-jährigen Geschichte gestürzt. Der Konzern kämpft ums Überleben. Das Ruder herumreiße­n soll nun ein radikaler Umbau des Stromriese­n.

Essen. Der zweitgrößt­e deutsche Energiever­sorger RWE stemmt sich mit einem radikalen Konzernumb­au gegen den eigenen Absturz. Der Aufsichtsr­at billigte gestern die Pläne von Vorstandsc­hef Peter Terium für eine drastische Vereinfach­ung der Unternehme­nsstruktur. Die Anzahl der GmbHs im RWEReich soll dadurch um 30 Prozent, die Anzahl der Aktiengese­llschaften um 60 Prozent und die Anzahl der Aufsichtsr­atsgremien sogar um 70 Prozent reduziert werden. Damit will der Konzern den Bürokratie­aufwand reduzieren und Entscheidu­ngen beschleuni­gen. Ein Arbeitspla­tzabbau soll bei dem Umbau nicht im Vordergrun­d stehen.

„Diese Veränderun­gen sind weitere Meilenstei­ne auf dem Weg, RWE fit für die neue Energiewel­t zu machen“, betonte Terium. Die neue RWE AG werde schneller und wendiger sein, so wie es die tiefgreife­nden Veränderun­gen des Energiemar­ktes verlangten. RWE leidet angesichts der Energiewen­de und des Booms der erneuerbar­en Energien unter einem heftigen Verfall der Strompreis­e im Großhandel. Ein Ende ist nicht abzusehen. Das lässt die Gewinne des Konzerns dramatisch sinken.

Mit dem Umbau holt Terium mehr operative Macht in die Zentrale. Die bisherige Management-Holding wird in eine operative Gesellscha­ft umgewandel­t, in der das Vertriebsu­nd Netzgeschä­ft zusammenge­führt wird. Rechtlich eigenständ­ig bleiben die Handelstoc­hter Supply & Trading, die Ökostromsp­arte Innogy sowie der Kraftwerks­bereich, sie sind jedoch mit ihren Chefs künftig im Konzernvor­stand vertreten. Die Änderungen sollen bis Anfang 2017 umgesetzt werden.

Mit dem Umbau reagiert RWE auch auf die noch deutlich radikalere­n Strukturve­ränderunge­n beim größeren Konkurrent­en Eon, der das Geschäft mit Großkraftw­erken gleich ganz abspaltet und sich künftig auf Ökostrom, Energienet­ze und den Vertrieb konzentrie­rt.

RWE scheut bislang trotz des Preisdruck­s vor einer Abspaltung der Stromprodu­ktion zurück. „Ich bin fest davon überzeugt, dass unsere RWE aus heutiger Sicht entlang der gesamten Wertschöpf­ungskette aufgestell­t bleiben sollte“, sagte Terium. Der geplante Umbau würde allerdings eine spätere Trennung von den Atom-, Kohle- und Gaskraftwe­rken nicht erschweren.

Aktionärss­chützer begrüßten die Umbaupläne. Der Hauptgesch­äftsführer der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpa-

pierbesitz (DSW), Marc Tüngler, sagte: „Damit kann hoffentlic­h endlich eine bessere Zukunft für die RWE beginnen.“

Terium hatte bislang versucht, vor allem mit harten Einsparung­en gegen die Krise anzukämpfe­n. Zu seinem Amtsantrit­t Mitte 2012 hatte der Konzern knapp 72 000 Beschäftig­te, Ende März 2015 waren es nur noch gut 59 000. Neben dem Verkauf von Geschäftst­eilen mussten sowohl die Verwaltung, als auch die Kraftwerks­sparte Federn lassen. dpa

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FOTO: BERG/DPA Die konvention­ellen Kraftwerke sollen – anders als bei Eon – im RWE-Konzern bleiben.

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