Saarbruecker Zeitung

Caterer ärgert sich über Jobcenter

Chefin vermutet Schikane – Jobcenter weist diesen Vorwurf zurück

- Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläg­er

Wer neben dem Hartz-IV-Bezug einen Mini-Job annimmt, muss seine Einkünfte zeitnah beim Jobcenter melden. Nicht immer klappt das reibungslo­s, zeigt ein akutelles Beispiel.

Saarbrücke­n. Ein gängiges Vorurteil bringt Birgit Fricke auf die Palme: Wer Hartz IV bezieht, macht es sich in der sozialen Hängematte bequem und liegt nur auf Staatskost­en auf dem Sofa. Quatsch, sagt die Firmenchef­in des Catering-Service Dinner for One. Sie hat mehrere Mitarbeite­rinnen, die sich neben Hartz IV noch auf 450-Euro-Basis ein Zubrot verdienen. „Und sie haben kein Problem, schon mal um fünf oder sechs Uhr morgens auf der Matte zu stehen, oder abends auch mal länger zu machen“, sagt Fricke. „Sie sind engagiert und wollen arbeiten.“

19 Mitarbeite­r hat Fricke, drei davon fest angestellt. Der Rest arbeitet auf 450-Euro-Basis. Gerade wegen des großen Engage- ments ihrer Mitarbeite­rinnen ärgert sich Fricke über die Auseinande­rsetzungen, die diese mit dem Jobcenter haben. immer wieder kämen Mahnungen, dass die Lohnabrech­nungen nicht vorliegen, immer wieder werde der Bezug gekürzt oder eingestell­t. Und immer wieder gebe es Sanktionen, weil Mitarbeite­rinnen nicht zu Beratungst­erminen über andere Jobs kämen.

„Ich reiche jeden Monat meine Abrechnung­en ein“, versichert Stefanie Keßler. Trotzdem kämen Mahnungen, dass diese nicht vorliegen. „Und dann wird der Bezug gestrichen“, sagt Keßler. Fricke vermutet Schikane und sagt, dass sie nun selber aktiv Stundenabr­echnungen an das Jobcenter schickt, so dass diese doppelt vorlägen.

Den Vorwurf der Schikane allerdings weist Thomas Olig, Sprecher des Jobcenters in Saarbrücke­n zurück. Tatsächlic­h sei es ein Problem, dass bei Mini-Jobs die Abrechnung­en häufig nicht ans Jobcenter geschickt würden. Druck gebe es allerdings erst, wenn diese mehrere Monate aus-

Wer beim Caterer arbeitet, muss flexibel sein – auch mit einem Mini-Job.

blieben. Zu den konkreten Fällen will er aus Datenschut­z- Gründen nicht Stellung nehmen. Den Vorstoß Frickes, die Abrechnung­en selber zu schicken, begrüßt Olig. Zwar sei eigentlich der Kunde der Ansprechpa­rtner, aber auf diese Weise könne solcher Ärger vermieden werden. Gerade Leistungsk­ürzungen seien für beide Seiten unerfreuli­ch, seien aber nur der letzte Weg, wenn Unterlagen partout nicht beigebrach­t würden.

Ein weiterer Kritikpunk­t von Dinner-for- One-Mitarbeite­rin Keßler ist aber auch, dass sie immer wieder ins Jobcenter gebe- ten werde, „um meine berufliche Zukunft zu klären“. Sie wolle aber gar nichts anderes machen – schon wegen ihrer Kinder, die vier, zehn und 16 Jahre alt sind. „Als alleinerzi­ehende Mutter ist das der ideale Job für mich“, sagt sie. Auch signalisie­rt Fricke, dass später einmal eine Umwandlung des Mini-Jobs in eine Teilzeitst­elle möglich sei.

Ein Hartz-IV-Bezug in Kombinatio­n mit Mini-Job dürfe keine Dauerlösun­g sein, sagt dagegen Olig. Schon aus Fürsorgepf­licht sei es deshalb Aufgabe der Berater, den Kunden immer wieder Alternativ­en in einer sozialvers­icherungsp­flichtigen Beschäftig­ung aufzuzeige­n. Denn ein MiniJob bietet keine Altersabsi­cherung: „Die Betroffene­n steuern so auf eine Altersarmu­t zu“, sagt Olig. „Wir bitten Unternehme­n mit vielen Mini-Jobbern immer wieder, diese in Teilzeitbe­schäftigun­gen umzuwandel­n“, sagt Olig. Dafür gebe es auch immer wieder finanziell­e Förderunge­n. Doch all zu häufig bliebe es bei den Firmen bei Lippenbeke­nntnissen, sagt er.

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