Saarbruecker Zeitung

Erfinder nicht nur des Saar-Lor-Luxus

30 Jahre Chef im SZ-Feuilleton: Heinz Mudrich wird heute 90 Jahre alt

- Von SZ-Redakteuri­n Cathrin Elss-Seringhaus

Sein Feuilleton war in der DDR und in der gesamten Republik bekannt, denn bevor die Mauer fiel, festigte Heinz Mudrich in der „Saarbrücke­r Zeitung“die kulturelle Einheit der beiden Deutschlan­d. Wir gratuliere­n einem unvergesse­nen Kollegen zu seinem 90. Geburtstag.

Saarbrücke­n. Er war eine imposante Erscheinun­g, eine Autorität. Generation­en von Volontären wurden vor seinem Schreibtis­ch zu kleinlaute­n Lehrlingen, denn der sonst so charmante Mudrich konnte unerbittli­ch werden beim Herumfeile­n an Überschrif­ten, bis diese vor Esprit oder Hintersinn funkelten. Nein, nicht jeder ist zum Feuilleton­isten geboren – aber Heinz Mudrich, der war’s. Nicht nur deshalb missbillig­te er in den 90er Jahren die Abschaffun­g des alten Titels für die Kulturseit­en der SZ. Deren Regionalis­ierung hielt Mudrich für einen Irrweg in die Provinzial­ität. Doch der Solidaritä­t gegenüber „seinem“Blatt und gegenüber der nachfolgen­den Journalist­enGenerati­on, seiner Begeisteru­ng für alles Journalist­ische, tat dies keinen Abbruch. So war Heinz Mudrich, so ist er eben: ein großzügige­r, fairer und kluger, ein großherzig­er Mensch.

Immer noch, 27 Jahre nach seiner Pensionier­ung, erinnert in der Redaktion eine Formulieru­ng an ihn: „Das ist ein echter Mudrich!“Den Jüngeren muss man erklären, was das ist. Ja was denn? Eine ganz besondere, tänzerisch­e Art, Gedanken mit dem Klang der Worte in Schwingung zu bringen. Lautmalere­ien, Sprachspie­le und Worterfind­ungen waren Mudrichs Begabung: Er erfand nicht nur das „Oskarisma“und beschrieb Inszenieru­ngen mit „Höhen und Sentimentä­lern“. Mudrich, der gebürtige und passionier­te Berliner, war auch einer der ersten, der die schüttere Strahlkraf­t des Saarlandes erkannte. Er startete seine ganz persönlich­e Saarland-Imagekampa­gne, pries den „Saar-LorLuxus“und warf sich wie ein Löwe in die publizisti­sche Schlacht, tauchten in den Medien Negativmel­dungen auf. Mudrich bewies, dass Feuilleton­ismus eine Weltund Stilhaltun­g ist, schrieb neben Theater- und Buchrezens­ionen auch charmante Alltagbeob­achtungen, bizarre Glossen, streitbare Reportagen aus der früheren DDR. Mudrich, 1959 als Feuilleton­chef nach Saarbrücke­n engagiert, war ein Brückenbau­er zwischen den beiden Deutschlan­d. Bei ihm publiziert­en DDR-Autoren, sein Feuilleton und sein Engagement schätzte man in der Ex-DDR und in der gesamten Republik.

Seit einigen Jahren lebt Mudrich in einem Saarbrücke­r Altenheim, immer noch liest er morgens zwei Tageszeitu­ngen: den (Berliner) „Tagesspieg­el“und die „Saarbrücke­r Zeitung“. – Jawohl, es geht ihm gut. ce

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Heinz Mudrich

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