Erfinder nicht nur des Saar-Lor-Luxus
30 Jahre Chef im SZ-Feuilleton: Heinz Mudrich wird heute 90 Jahre alt
Sein Feuilleton war in der DDR und in der gesamten Republik bekannt, denn bevor die Mauer fiel, festigte Heinz Mudrich in der „Saarbrücker Zeitung“die kulturelle Einheit der beiden Deutschland. Wir gratulieren einem unvergessenen Kollegen zu seinem 90. Geburtstag.
Saarbrücken. Er war eine imposante Erscheinung, eine Autorität. Generationen von Volontären wurden vor seinem Schreibtisch zu kleinlauten Lehrlingen, denn der sonst so charmante Mudrich konnte unerbittlich werden beim Herumfeilen an Überschriften, bis diese vor Esprit oder Hintersinn funkelten. Nein, nicht jeder ist zum Feuilletonisten geboren – aber Heinz Mudrich, der war’s. Nicht nur deshalb missbilligte er in den 90er Jahren die Abschaffung des alten Titels für die Kulturseiten der SZ. Deren Regionalisierung hielt Mudrich für einen Irrweg in die Provinzialität. Doch der Solidarität gegenüber „seinem“Blatt und gegenüber der nachfolgenden JournalistenGeneration, seiner Begeisterung für alles Journalistische, tat dies keinen Abbruch. So war Heinz Mudrich, so ist er eben: ein großzügiger, fairer und kluger, ein großherziger Mensch.
Immer noch, 27 Jahre nach seiner Pensionierung, erinnert in der Redaktion eine Formulierung an ihn: „Das ist ein echter Mudrich!“Den Jüngeren muss man erklären, was das ist. Ja was denn? Eine ganz besondere, tänzerische Art, Gedanken mit dem Klang der Worte in Schwingung zu bringen. Lautmalereien, Sprachspiele und Worterfindungen waren Mudrichs Begabung: Er erfand nicht nur das „Oskarisma“und beschrieb Inszenierungen mit „Höhen und Sentimentälern“. Mudrich, der gebürtige und passionierte Berliner, war auch einer der ersten, der die schüttere Strahlkraft des Saarlandes erkannte. Er startete seine ganz persönliche Saarland-Imagekampagne, pries den „Saar-LorLuxus“und warf sich wie ein Löwe in die publizistische Schlacht, tauchten in den Medien Negativmeldungen auf. Mudrich bewies, dass Feuilletonismus eine Weltund Stilhaltung ist, schrieb neben Theater- und Buchrezensionen auch charmante Alltagbeobachtungen, bizarre Glossen, streitbare Reportagen aus der früheren DDR. Mudrich, 1959 als Feuilletonchef nach Saarbrücken engagiert, war ein Brückenbauer zwischen den beiden Deutschland. Bei ihm publizierten DDR-Autoren, sein Feuilleton und sein Engagement schätzte man in der Ex-DDR und in der gesamten Republik.
Seit einigen Jahren lebt Mudrich in einem Saarbrücker Altenheim, immer noch liest er morgens zwei Tageszeitungen: den (Berliner) „Tagesspiegel“und die „Saarbrücker Zeitung“. – Jawohl, es geht ihm gut. ce