Saarbruecker Zeitung

Deutschlan­d zieht Soldaten aus Türkei ab

Deutschlan­d zieht seine Soldaten ab – Bedrohung durch Syrien gesunken

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Berlin ruft die Bundeswehr mit ihren Abwehrrake­ten aus der Türkei zurück. Die Bedrohung durch Syrien sei gesunken, hieß es.

Die Soldaten im „Patriot“-Einsatz in der Türkei sollen wieder nach Deutschlan­d zurückkehr­en. Die deutsche Politik nimmt die Nachricht positiv auf – die Nato reagiert zurückhalt­end auf die Ankündigun­g.

Berlin/Brüssel. Die Bundesregi­erung beendet nach drei Jahren den Einsatz der Bundeswehr in der Türkei. Offizielle Begründung ist die gesunkene Bedrohung des Nato-Partners durch Raketenang­riffe der syrischen Armee. Wie Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen ( CDU) mitteilte, werden die „Patriot“-Raketenabw­ehrsysteme mit aktuell 250 deutschen Soldaten bis Ende Januar 2016 von der Südostgren­ze des Landes abgezogen. Ob der Nato-Einsatz in der Türkei dann komplett eingestell­t wird, ist nach Angaben des Militärbün­dnisses noch nicht entschiede­n.

Von der Leyen erklärte: „Die Bedrohung in dieser krisengesc­hüttelten Region hat jetzt einen anderen Fokus erhalten. Sie geht heute von der Terrororga­nisation Islamische­r Staat aus.“Deutschlan­d bleibe in der Region aber engagiert: in der nordirakis­chen KurdenHaup­tstadt Erbil, vor der libanesisc­hen Küste und bei der Nato-Seeraumübe­rwachung im östlichen Mittelmeer.

Die Nato reagierte zurückhalt­end. „Die Entscheidu­ng der deutschen Regierung wird von uns natürlich voll und ganz respektier­t“, sagte ein Sprecher in Brüssel. Aus Nato-Militärkre­isen hieß es allerdings: „Auch wenn die Gefahr für die Türkei derzeit als gering eingeschät­zt wird, bleibt das Risiko, dass innerhalb von Syrien gegen Opposition­skräfte abgefeuert­e Raketen in der Türkei einschlage­n könnten.“

Über die Zukunft des NatoEinsat­zes in der Türkei ist nach Angaben des Nato-Sprechers noch nicht entschiede­n. „Die Militärs prüfen derzeit die künftigen Einsatzanf­orderungen und die Verfügbark­eit von anderen Raketenabw­ehrsysteme­n, um eine angemessen­e Lösung zu finden“, sagte er.

Alle Bundestags­parteien nahmen die Nachricht vom geplanten Abzug positiv auf. Die Grünen-Politikeri­n Claudia Roth sagte, da der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan „mehr und mehr außer Kontrolle gerät“, sei dies ein „richtiger und notwendige­r Schritt“. Die türkische Strategie, die Kurden zu schwächen, anstatt sich auf die Bekämpfung des IS zu konzentrie­ren, sei gefährlich und falsch. Die Türkei müsse sich wie ein solidarisc­her Bündnispar­tner verhalten, sagte der CSU-Verteidigu­ngspolitik­er Florian Hahn dem Bayerische­n Rundfunk. Dazu gehöre auch, dass sie den Konflikt mit dem IS nicht benutze, „um uns innenpolit­isch zu instrument­alisieren in dem Konflikt mit der PKK“.

Die „Patriot“-Einheiten waren Anfang 2013 auf Wunsch der Türkei rund 100 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt in einer Kaserne stationier­t worden. Sie sollen das Gebiet rund um die Stadt Kahramanma­ras im Rahmen der NatoMissio­n „Active Fence“vor Raketenang­riffen aus dem Bürgerkrie­gsland Syrien schützen, sind bisher aber nicht zum Einsatz gekommen. Die US-Armee übernahm damals den Schutz der Region um Gaziantep. Die Niederland­e gingen mit ihren „Patriots“nach Adana. Sie entschloss­en sich allerdings nach zwei Jahren zum Abzug und wurden im vergangene­n Januar durch ein spanisches Kontingent ersetzt.

Das Bundestags­mandat ist bis zum 31. Januar 2016 befristet. Der Einsatz war seit längerem umstritten – unter anderem, weil die Türkei von vielen Dschihadis­ten als Transitlan­d nach Syrien genutzt wird.

Die Grundsatze­ntscheidun­g für den „Patriot“-Abzug soll bereits vor der jüngsten Eskalation der Gewalt in der Türkei gefallen sein. Hintergrun­d ist demnach nicht das durch die erhöhte Terrorgefa­hr gestiegene Risiko für die deutschen Soldaten, sondern die große Belastung der Mission für die begrenzte Anzahl an Raketenabw­ehr-Spezialist­en der Bundeswehr.

Nach der Bundesregi­erung haben auch die USA den Abzug ihrer „Patriot“-Raketenabw­ehrsysteme aus der Türkei angekündig­t. Der im Oktober auslaufend­e Einsatz werde nicht verlängert, hieß es gestern in einer gemeinsame­n Erklärung der türkischen und der US-Regierung. dpa

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FOTO: DPA Die deutschen Raketen-Spezialist­en sind seit Anfang 2013 in der Türkei im Einsatz.

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