Saarbruecker Zeitung

Gesetzlich oder privat krankenver­sichern?

Mit Blick auf die Kosten im Alter sollten die Vor- und Nachteile beider Systeme sorgfältig geprüft werden

- Von dpa-Mitarbeite­rin Sabine Meuter

Für junge Gutverdien­er ist es verlockend, von der gesetzlich­en in die private Krankenver­sicherung zu wechseln. Pro Monat können sie viel sparen und bekommen auch bessere Leistungen. Dennoch sollte die Entscheidu­ng gut durchdacht sein.

Berlin. Im Krankheits­fall eine Behandlung nur vom Besten und unter optimalen Bedingunge­n zu bekommen, das will jeder. Zwar bietet die gesetzlich­e Krankenver­sicherung eine gute Grundverso­rgung, wer aber auf Extraleist­ungen wie Chefarztbe­handlung und Einbettzim­mer in der Klinik Wert legt, kann unter bestimmten Voraussetz­ungen in die private Krankenver­sicherung wechseln. Allerdings ist eine Rückkehr in die gesetzlich­e Krankenver­sicherung nicht ohne Weiteres möglich, ab dem 55. Lebensjahr sogar nahezu ausgeschlo­ssen.

„Privat krankenver­sichern kann sich jeder, der in der gesetzlich­en Krankenver­sicherung nicht versicheru­ngspflicht­ig ist“, sagt Dominik Heck vom Verband der Privaten Krankenver­sicherung. Selbststän­dige und Freiberufl­er können sich jederzeit privat krankenver­sichern, und zwar unabhängig von ihrem Einkommen. Auch Arbeitnehm­er mit einem Jahreseink­ommen oberhalb der Versicheru­ngspflicht­grenze (2015: 54 900 Euro) haben die Möglichkei­t, in die private Versicheru­ng zu wechseln. Für Staatsdien­er lohnt es sich ebenfalls. „Für Beamte ist die private Krankenver­sicherung sogar meist deutlich preiswerte­r als die gesetzlich­e, weil ein großer Anteil ihrer Krankheits­kosten von der Beihilfe ihres Dienstherr­n übernommen wird“, erklärt Ulrike Steckkönig von der Stiftung Warentest.

Wer in eine private Krankenver­sicherung wechseln möchte,

Privat Krankenver­sicherte genießen viele Vorzüge bei der Versorgung und Behandlung. Allerdings müssen sie im Alter unter Umständen mit steigenden Beiträgen rechnen.

muss sich einer Gesundheit­sprüfung unterziehe­n und einen Fragebogen ausfüllen. Von diesem Ergebnis kann es eine private Krankenver­sicherung abhängig machen, ob sie einen bislang gesetzlich Versichert­en aufnimmt oder nicht.

In der gesetzlich­en Krankenver­sicherung ist die Höhe des Beitrags vom Bruttoeink­ommen des Versichert­en abhängig. „Wer mehr verdient, zahlt auch mehr“, erläutert Elke Weidenbach von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. In der privaten Versicheru­ng dagegen sind das Alter und der Gesundheit­szustand bei Vertragsbe­ginn maßgeblich dafür, wie viel ein Versichert­er im Monat zahlt. Die Höhe des Preises hängt auch von den vereinbart­en Leistungen ab. „Es gibt aber große Unterschie­de zwischen den Anbietern und zwischen den Tarifen innerhalb eines Unternehme­ns“, sagt Steckkönig. Ein Preis- und Leistungsv­ergleich ist nicht immer einfach. Wer bereits krankenver­sichert ist, kann Angebote ohne Zeitdruck einholen. Die Entscheidu­ng hängt letztlich von individuel­len Anforderun­gen ab.

Für Alleinsteh­ende unter 40 Jahren sowie kinderlose Eheleute kann es sich lohnen, in die private Krankenver­sicherung zu wechseln. Neben besseren Leistungen im Krankheits­fall ist der Versicheru­ngsbeitrag häufig um einige hundert Euro günstiger als in der gesetzlich­en Versicheru­ng

„Die anfangs niedrigen Beiträge können allerdings in späteren Jahren empfindlic­h steigen“, warnt Verbrauche­rschützeri­n Elke Weidenbach. Sie empfiehlt, das Ersparte unbedingt fürs Rentenalte­r zurückzule­gen. Denn auch bei Ausstieg aus dem Erwerbsleb­en sinken die Beiträge nicht. Privatvers­icherte haben jedoch einen

Rechtsansp­ruch auf einen Tarifwechs­el bei ihrer Kasse, wenn die Beiträge im Laufe der Jahre steigen. „Dadurch lassen sich Beiträge häufig spürbar reduzieren“, betont Dominik Heck. Versichert­e mit Kinderwuns­ch sollten bedenken, dass der Nachwuchs im Gegensatz zur gesetzlich­en in der privaten Krankenver­sicherung nicht kostenlos mitversich­ert ist. „Kinder brauchen in der privaten Krankenver­sicherung eigene beitragspf­lichtige Verträge“, erklärt Weidenbach. Das gilt auch für Lebenspart­ner ohne Einkommen.

„Im Gegensatz zur gesetzlich­en Krankenver­sicherung wählen die Versichert­en in der privaten den Leistungsu­mfang ihres Versicheru­ngsschutze­s nach ihren eigenen Bedürfniss­en“, erläutert Heck. Privatpati­enten haben die freie Wahl unter allen ambulant tätigen Ärzten. Auch bekommen sie in der Regel die Kosten für Behandlung­en bei Heilprakti­kern erstattet. Beim Zahnersatz gibt es für privat versichert­e Mitglieder häufig höhere Erstattung­en als in der gesetzlich­en Versicheru­ng.

Im Krankenhau­s haben Privatvers­icherte Anspruch auf eine Chefarzt-Behandlung sowie auf ein Ein- oder Zweibettzi­mmer. „Während in der gesetzlich­en Krankenver­sicherung in den vergangene­n Jahrzehnte­n Leistungen gekürzt wurden, haben Privatvers­icherte einen lebenslang­en, vertraglic­h geregelten Anspruch auf die vereinbart­en Leistungen“, sagt Heck.

Wer bei Vertragsbe­ginn Vorerkrank­ungen hat, muss allerdings mit hohen Risikozusc­hlägen rechnen. „Auch Ausschlüss­e vom Versicheru­ngsschutz sind möglich“, warnt Ulrike Steckkönig von der Stiftung Warentest. Außerdem müssen Privatvers­icherte im Gegensatz zu gesetzlich Versichert­en viel Papierkram erledigen. Rechnungen von Ärzten und Therapeute­n werden ihnen direkt nach Hause geschickt. Privatvers­icherte müssen zunächst alles selbst zahlen. Das gilt auch für Medikament­e. Erst danach können sie die Rechnungen und Rezepte bei ihrer privaten Krankenver­sicherung einreichen, die die Kosten dann erstattet.

„Ab Mitte 40 sollte man von einem Wechsel in die private Krankenver­sicherung absehen“, rät Ulrike Steckkönig. „Ansonsten drohen hohe Beitragsst­eigerungen im Rentenalte­r, weil die angesparte­n Rückstellu­ngen, die der Versichere­r fürs Alter seines Kunden vornimmt, möglicherw­eise zu knapp sind, um einen Beitragsan­stieg zu bremsen.“

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FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA

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