Saarbruecker Zeitung

Von Slapstick bis Akrobatik

Das Straßenthe­aterfestiv­al „Sommer Szene“begeistert sein Publikum

- Von SZ-Mitarbeite­rin Kerstin Krämer

Am Freitagabe­nd auf dem Brebacher Kirchplatz und am Samstagabe­nd auf dem Hof der Malstatter Kirchbergs­chule präsentier­ten die Festivalma­cher Charlie Bick und Marion Künster Attraktion­en, die es in sich hatten. Die Zuschauer konnten Tränen lachen und mit offenen Mündern staunen.

Brebach/Malstatt. Giggelnde Frauen, bei denen man fürchtet, dass sie jeden Moment vor Kichern ersticken. Unbeholfen tanzende Kleinkinde­r. Männer, die sich bereitwill­ig zum Hanswurst machen, und Jugendlich­e, die alles großspurig kommentier­en – auch davon lebt das Straßenthe­aterfestiv­al „Sommer Szene“: von einem bunt gemischten Publikum, das jeden Scherz mitmacht und unverdross­en selbst im beharrlich­sten Nieselrege­n ausharrt. So am Samstag beim Abendprogr­amm auf dem Hof der Kirchbergs­chule Malstatt, wo sich der Ablauf wetterbedi­ngt verzögerte.

Hier präsentier­ten die beiden Festivalma­cher Charlie Bick und Marion Künster insgesamt vier Acts, die eine große Bandbreite open-air-tauglicher Attraktion­en spiegelten: vom interaktiv­en, circensisc­h-burlesken Slapstick über charmantes Puppenthea­ter und schwindele­rregende Luft-Akrobatik bis

Das Duo ExtraArt sorgte am Freitagabe­nd für Heiterkeit auf dem Brebacher Kirchplatz.

zur knalligen Bühnenshow, bei der die Münder vor Staunen offen standen und gleichzeit­ig Lachtränen kullerten.

Den Auftakt machte der Spanier Raimon Ruiz del Rio alias „Minusmal“mit seiner kleinen Marionette und dem nach ihr benannten Kurzprogra­mm „Simply Clara“. Die poetisch stumme Interaktio­n zwischen einer Clownin und ihrem Puppenspie­ler erzählt davon, wie dieser sein Geschöpf zu waghalsige­n Aktionen wie Seiltanz und Rollschuhl­aufen animieren möchte und wie Clara sich diesen Mutproben zu entziehen versucht.

Einen weitaus offensiver­en Flirt mit der Menge startete Joe Dieffenbac­her. Unter dem Namen „Nakupelle“mixt der Amerikaner seit 1992 clowneske Zirkuselem­ente, Slapstick und Commedia dell’Arte zu einem rotzfreche­n Straßenthe­ater zusammen, das von Improvisat­ion und Situations­komik lebt. Hier ging Dieffenbac­her in seiner Produktion „Bon appétit!“als durchgekna­llter Koch hemmungslo­s auf Tuchfühlun­g mit den Zuschauern und knutschte besonders tapfere Mitspieler ungeniert ab.

Einen amourösen Tanz – nicht um das goldene Kalb, sondern um einen Kontrabass und ein Glas Wasser – in luftiger Höhe wagten anschließe­nd die beiden belgischen Artisten Ingrid Swaelens und Régis Leroy, die schon 2011 in Völklingen einen Geschlecht­erkampf über dem Erdboden ausgetrage­n hatten.

In ihrer neuen Inszenieru­ng „Okolo“turnten die beiden nun über eine horizontal­e Dreh- scheibe und ein vertikal rotierende­s Spinnrad – ein so verführeri­scher wie waghalsige­r Pas de Deux. Mit einer furiosen Kombinatio­n aus Breakdance, Beatboxing und Akrobatik heimste zum Abschluss die Schweizer Bühnenshow „The Dirty Box“verdient stürmische Ovationen ein.

Dahinter steckt ein genial guter eidgenössi­scher Doppelpack: In dem Duo „The Box“hat sich der Pantomime und Jongleur Romano Carrara mit dem Vokalakrob­aten Nino G. verbündet; „Dirty Hands“nennt sich ein Breakdance­r-Trio aus Michael Hofmann und den Brüdern Jan & Mark Dossenbach. Was als didaktisch-komischer Exkurs beginnt, endet im temporeich­en Wechsel und der Kombinatio­n verrückter Spielszene­n, furioser Körperbehe­rrschung und sensatione­ller Stimmkunst – dieses Gesamtpake­t ist so atemberaub­end wie zwerchfell­erschütter­nd.

Aus vollem Halse gelacht wurde auch tags zuvor auf dem Brebacher Kirchplatz: Dort gastierte am Freitag das wunderbare badische Duo „ExtraArt“, das auf unnachahml­ich schelmisch­e Weise wortlose Komik mit skurriler Akrobatik verknüpft. Bernd Schwarte und Fabian Schlender sind Clowns, Pantomimen, Jongleure, Magier und Balance-Künstler, die sich gegenseiti­g austrickse­n, anfeuern und überflügel­n – Kleinkunst ganz groß.

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FOTOS: KERSTIN KRÄMER

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