Saarbruecker Zeitung

Innenminis­ter rechnet mit rund 800 000 Flüchtling­en

Prognose für das laufende Jahr deutlich angehoben – Flüchtling­s-Gipfel am 24. September

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Die Zahlen steigen drastisch. In den ersten sieben Monaten kamen schon mehr Flüchtling­e nach Deutschlan­d als 2014 insgesamt. Bis Jahresende wird ein neuer Höchststan­d erwartet.

Berlin. Die Bundesregi­erung hat ihre Flüchtling­sprognose für das laufende Jahr deutlich nach oben korrigiert. Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) sagte gestern, er erwarte für das laufende Jahr bis zu 800 000 Asylbewerb­er und Flüchtling­e in Deutschlan­d. Bislang ging das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (BAMF) von 450 000 Asylsuchen­den für 2015 aus. So viele Asylbewerb­er, wie nun erwartet werden, kamen noch nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepu­blik in einem Jahr. Den bisherigen Höchststan­d hatten die Behörden 1992 mit etwa 440 000 Anträgen registrier­t.

Nach de Maizières Schätzunge­n werden 100 000 bis 150 000 zusätzlich­e Plätze in Erstaufnah­meeinricht­ungen benötigt. Notwendig seien darüber hinaus Gesetzesän­derungen, um kurzfristi­g wintersich­ere Quartiere anstelle von Zelten anbieten zu können. Obwohl die Dauer der Asylverfah­ren von 7,1 auf 5,4 Monate gesenkt werden konnte, nehme die Zahl der of- fenen Verfahren weiter zu, zur Zeit liege sie bei 250 000. Daher müsse das Personal zur Bearbeitun­g der Anträge dringend aufgestock­t werden.

Nach Angaben des Ministeriu­ms ist der deutliche Anstieg vor allem auf ein „dramatisch­es Plus“im Juni und Juli zurückzufü­hren. Allein im Juli seien nahezu 83 000 Menschen eingereist. Die Zahlen für August würden vermutlich noch darüber liegen. Auch wurde für die aktuelle Hochrechnu­ng nicht mehr nur die Zahl der Asylanträg­e, sondern auch die Zahl der Ankommende­n erfasst. Die Differenz entsteht laut Ministeriu­m dadurch, dass viele Asylsuchen­de bereits vor dem Antrag an die Kommunen weitergele­itet werden und ihren Asylantrag erst deutlich später stellen.

Angesichts der steigenden Zahlen erhöhten Kommunen und Länder den Druck auf den Bund, sich dauerhaft und stärker an den Kosten für die Aufnahme und Unterkunft der Flüchtling­e zu beteiligen und die Asylverfah­ren zu beschleuni­gen. Brandenbur­gs Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) nannte die Zahl eine „große Herausford­erung“. Er erwarte vom Bund Vorschläge für eine strukturel­le und dynamische Finanzieru­ng, etwa durch einen Betrag von 1000 Euro pro Flüchtling. Nach den Worten der Präsidenti­n des Deutschen Städtetage­s, der Ludwigshaf­ener Oberbürger­meisterin Eva Lohse (CDU), erwarten die Kommunen zusätzlich­e Hilfen des Bundes in Milliarden­höhe und eine Übernahme der Kosten für Unterkunft und Verpflegun­g durch Bund und Länder. Vertreter von Bund, Ländern und Gemeinden wollen am 24. September zu einem sogenannte­n Flüchtling­s- Gipfel zusammenko­mmen, wie de Maizière ankündigte. kna/dpa

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FOTO: DECK/DPA Eine Familie wartet in einem Aufnahmela­ger am Schalter auf ihre Registrier­ung.

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