Saarbruecker Zeitung

Coe neuer Chef der Leichtathl­eten

Brite Coe neuer Präsident des Leichtathl­etik-Weltverban­des IAAF – Digel wittert nach Ausbootung des deutschen Verbandes Mauschelei­en

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Sebastian Coe wurde gestern zum neuen Präsidente­n des Welt-Leichtathl­etikverban­des IAAF gewählt.

Sebastian Coe hat das Duell mit Sergej Bubka um das Präsidente­namt im Leichtathl­etik-Weltverban­d gewonnen. Ärger gibt es, weil DLV-Präsident Clemens Prokop bei der Wahl ins IAAF-Spitzengre­mium durchgefal­len ist.

Peking. Das wichtigste Rennen seiner sportpolit­ischen Karriere hat Sebastian Coe gewonnen. Mit gewiefter Taktik und langem Atem – die gleichen Eigenschaf­ten also, die den Briten Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre zu einem der schnellste­n Mittelstre­ckler der Welt machten. Und die er auch als Präsident des in der Krise steckenden Leichtathl­etik-Weltverban­des IAAF dringend brauchen wird. Der Brite, Architekt der Olympische­n Spiele 2012 in London, gilt als smart und charmant. Und doch ist Baron Coe of Ranmore ein Macht- politiker erster Güte. Nicht umsonst war in seinem „Manifesto“genannten Wahlprogra­mm auch eine finanziell­e Hilfe für alle Mitgliedsv­erbände beinhaltet.

Erst einmal muss der zweimalige Olympiasie­ger über 1500 Meter aber die Glaubwürdi­gkeit der Sportart wiederhers­tellen. Hinweise auf weitverbre­itetes Doping und Korruption haben das Ansehen der IAAF dramatisch sinken lassen. Coes Befürworte­r hoffen, dass dessen umstritten­e Äußerungen zum Thema Doping aus wahltaktis­chem Kalkül getroffen wurden. Als „Kriegserkl­ärung“an die Leichtathl­etik wertete der 58-Jährige die jüngsten Enthüllung­en der ARD und der Sunday Times. Während dies selbst unter seinen Fans für Kopfschütt­eln sorgte, dürften ihm viele der Delegierte­n, die unter dem umstritten­en Coe-Vor-

Smart, aber auch der Richtige? Sebastian Coe soll die IAAF aus der Krise führen.

gänger Lamine Diack auf ihre Posten kamen, zugestimmt haben. Bei seiner Abschlussr­ede vor der Abstimmung sparte Coe das Thema Doping komplett aus. Erst nach seiner Wahl betonte er seine „Null-Toleranz-Haltung“. So solle nun eine von der Leichtathl­etik unabhängig­e Anti-Doping- Organisati­on aufgebaut werden. Coe und Bubka kämpften mit allen Tricks um den Posten. Zunächst versprach Coe allen Mitgliedsv­erbänden eine „olympische Dividende“von 100 000 Dollar alle vier Jahre. In der Nacht vor der Wahl bot Bubka per E-Mail 120 000. In seiner Wahlrede erhöhte Coe auf 200 000 Dollar.

Insgesamt stimmten beim IAAF-Kongress gestern 115 Delegierte für Coe und nur 92 für den Ukrainer Sergej Bubka. „Mit Seb Coe wird ein Aufbruch in der Leichtathl­etik starten“, glaubt Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathl­etik-Verbandes (DLV). Dessen Kandidatur um einen Sitz im IAAF-Council wurde allerdings abgeschmet­tert. Erstmals nach 20 Jahren gehört damit kein Deutscher mehr dem Spitzengre­mium an. Helmut Digel, der bislang im IAAF-Council vertreten war und nicht mehr zur Wahl antrat, sprach von einem „Riesenverl­ust“und witterte sogar böse Machenscha­ften. Er schließt nicht aus, dass eine Ursache auch Mauschelei­en hinter den Kulissen waren. So werde kolportier­t, dass der Kandidat aus Saudi-Arabien Delegierte „mit einer schönen Geschenkma­ppe bedient hat“, sagte Digel. Prokop sprach von „Geschenken in goldfarben­en Tüten“. Auch die Doping-Vorwürfe gegen die IAAF in einer ARD-Doku dürften nicht gut angekommen sein. sid/dpa

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