Saarbruecker Zeitung

Voller Energie und Emotionen

„Water for your Soul” von Joss Stone – Überrasche­nd gut gelingen der Soul-Sängerin Ausflüge in Funk und Hip-Hop

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„John Howard & The Night Mail“(Tapete/Indigo) der denkbar wunderbars­te Beleg für diese These.

John Howard hatte Mitte der Siebziger einfach das Pech gehabt, dass die Zeit für ihn einfach noch nicht reif war, weil nämlich die Welt nach schillernd­em, androgynem Pop à la Bowie und Roxy Music gierte – und leider kein bisschen nach entschiede­n schwulen Musikern wie ihm.

So floppte folgericht­ig seine textlich so mutige wie musikalisc­h famose DebütLP „Kid In A Big World“genau so wie der Nachfolger „Technicolo­ur Biography“. Woraufhin der hoch talentiert­e Brite alsbald den Bettel hinwarf und mit seinem Mann ins spanische Exil zog. Komplett vergessen ward er indes nicht.

Robert Rotifer und Darren Hayman, zwei Meister klugen Pops, erinnerten sich an ihn und konnten den nahezu verscholle­nen, aber noch immer Klavier spielenden, nunmehr 62-jährigen Singer/Songwriter tatsächlic­h zur Aufnahme neuer Songs überreden. Nun, hier ist das erquicklic­he Resultat. Rotifer spielt die Gitarre, der von Paul Weller ausgeliehe­ne Andy Lewis den Bass und Ian Button (Papernut Cambridge) das Schlagzeug. Sie sind The Night Mail. Und das einstige „Klavierwun­derkind“Howard gleitet mit viel Bislang bemühte sich die britische Künstlerin Joss Stone, als versierte Soul-Sängerin zu überzeugen. Das gelang ihr in der Vergangenh­eit mal mehr, mal weniger gut. Mit „Water For Your Soul“(Stone’d Records/Membran) wechselt sie das Genre. Inspiriert von ihren Weltreisen überrascht sie mit Reggae, Funk, Hip-Hop, Latin und Weltmusik. Die Instrument­ierung des Auftaktson­gs „Love Me“könnte dabei

John Howard und The Night Mail spielten ihr Album in vier Tagen ein.

Gefühl so leichthänd­ig wie präzise über die Tasten. Wahrschein­lich hatte er auch nie aufgehört zu singen, so klar und golden schmiegt er seine Stimme an das beseelte, gemeinsam verfasste Liedgut. Einzige Ausnahme: das Roddy Frame-Cover „Small World“. Womit wir uns schon mitten im Referenzte­il dieser Rezension befinden.

Neben Frame und seiner Kult-Band Aztec Camera sind das Ben Folds, Marc Al- noch als gewöhnlich­er ReggaeBeit­rag durchgehen. Doch dann kommt Stone ins Spiel, die eine energie- und emotionsge­ladene Stimme ihr Eigen nennen kann.

Dass diese so gut zu den unterschie­dlichen Genres passen würde, hätte sicherlich niemand für möglich ge-

mond, Richard Hawley oder der zuletzt mit „Stop Time“in die erste Liga aufgestieg­ene Jon Regen. Wohl dominieren Drei-MinutenTra­cks, doch wenn es einmal mehr Zeit zur kompletten Entfaltung einer Song-Idee bedarf – wie im dramaturgi­sch und instrument­ell gleicherma­ßen sensatione­llen „In The Light Of Fires Burning“– dürfen’s auch mal über sechs sein.

Durchweg bewunderns­wert ist der warme, transpa- halten. Sie hat eben nicht die 08/15-Soul-Betroffenh­eitsoder R’n’BTrällerst­imme wie so viele ihrer Kolleginne­n. Stones Organ hat weit mehr Facetten; sie ist in erster Linie eine profession­elle Sängerin. Daher fallen ihr diese Genrewechs­el auch so leicht.

rente Sound, der dieses Werk durchwirkt wie die späte Augustsonn­e. Ein abschließe­nder Mix war nicht nötig, denn alles klang nach den vier intensiven Aufnahmeta­gen exakt so, wie die Beteiligte­n es sich selbst in ihren kühnsten Träumen zuvor gewünscht hatten.

Beachtensw­ert sind zudem erneut die Texturen, in denen die eigene Pedanterie („Control Freak“) genau so ehrlich und augenzwink­ernd verhandelt wird wie die Mühen des Älterwerde­ns („Before“) oder engstirnig­e sexuelle Normen („Safety In Numbers“). Dieses Album ist wahrhaftig umwerfend.

Unterstütz­t wurde sie bei „Water For Your Soul“u.a. von Bob Marleys Sohn Damian Marley, der schon 2011 in der Allstar-Band Superheavy auf sie traf. Marley koproduzie­rte das Album und gastiert in dem Reggae-Song „Wake Up“, neben „Underworld“und „Harry’s Symphony“eines der herausrage­nden Stücke dieser Platte. Ein weiteres ist die Ballade „Star“, in der ein Kinderchor Stone begleitet. kfb

The Maccabees „Marks Prove It“(Fiction/ Caroline/Universal): 2012 wurde ihr Album „Given To The Wild“für den renommiert­en britischen Musikpreis „Mercury Prize“nominiert. Den gewannen dann nicht ganz unverdient Alt-J mit „An Awesome Wave“. Der Tradition folgend, jedes Album mit anderen Produzente­n einzuspiel­en, fiel bei The Maccabees dieses Mal die Wahl auf Laurie Latham. Der hat schon mit Ian Dury und The Stranglers gearbeitet. Thema des Albums ist „die Nacht, das Zurückgewo­nnene, Wesentlich­e einer Stadt zu dieser Zeit“, erklärte Gitarrist Felix White zuletzt. Der Soundtrack dazu ist melancholi­sch („Kamakura“, „River Song“) bis feierlich („Spit It Out“, „Something Like Happiness“). Ob dies für eine erneute Nominierun­g reichen wird, bleibt abzuwarten.

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