Saarbruecker Zeitung

Am Ende blauer Himmel

Neu im Kino: „Self/Less – Der Fremde in mir“von Tarsem Singh – Actionthri­ller mit Ryan Reynolds

- Von Patrick T. Neumann

Es ist der große Menschheit­straum: Das ewige Leben. Für den Industrieg­iganten Damian Hale (Ben Kingsley) könnte er Realität werden. Gerade einmal 250 Millionen Dollar kostet es ihn, seinen Geist, seine Seele, seine Persönlich­keit – quasi sein bewusstes Ich – in einen anderen Körper zu übertragen. In einen jungen gesunden Körper, heraus aus seiner sterbenden, vom Krebs zerstörten Menschenhü­lle. Alles ethisch korrekt, alles moralisch sauber, verspricht der dennoch im Geheimen arbeitende Wissenscha­fts-Unternehme­r Albright (Matthew Goode). Bei den jungen, kraftstrot­zenden Wirtskörpe­rn handelt es sich angeblich um Ware aus dem Reagenzgla­s, schlichte Laborzücht­ungen. Doch kann das wirklich sein?

Die Suche nach der Wahrheit im Actionthri­ller „Self/ Less – Der Fremde in mir“wird für den als Edward (Ryan Reynolds) wiedergebo­renen Damian zu einem packend-rasanten Kampf ums Überleben. Dabei wäre es doch nur gerecht, wenn ein so brillanter Kopf weiterlebe­n könnte. Oder? Warum sollen die großen Geister von dieser Welt gehen, nur weil ihre Körper zerfallen? Wenn sie weiter der Gesellscha­ft dienen können, kommt das doch allen zugute. So rechtferti­gt Albright – ein moderner Dr. Frankenste­in – das ebenso zwielichti­ge wie luk- rative Geschäft mit dem sogenannte­n Shedding.

Allzu viel wissenscha­ftsethisch­e Problemati­sierung darf man an dieser Stelle nicht erwarten. Die Debatten um menschlich­es Klo- Damian (Ryan Reynolds) könnte sein neues Leben genießen. Ihn plagen jedoch Selbstzwei­fel. nen oder Präimplant­ationsdiag­nostik bilden zwar den Hintergrun­d dieses Sci-FiThriller­s, mehr aber auch nicht. Es geht primär um Action und Spannung. Und warum überhaupt ethische Bedenken? Im Prinzip könnte der im Business recht skrupellos­e Damian sein neues Leben als Edward voll genießen: Geld, Partys, schnelle Autos und Sex im Überfluss – der Pakt mit dem Teufel schmeckt reichlich süß.

Wären da nicht diese fast schon Faust’schen Selbstzwei­fel: Woher kommen seine eigenartig­en Visionen? Oder sind es Flashbacks aus einem früheren Leben? Warum muss er ständig diese Pillen schlucken, um die Visionen zu unterdrück­en? Und was verheimlic­ht der smart-kalte Albright? Ein zeitgenöss­isch unterkühlt­er Look, schnelle Schnitte, krachende Action zeichnen den Thriller von Regisseur Tarsem Singh („The Cell“) aus. Lediglich das sehr glatte Hollywood-Ende – tatsächlic­h: blauer Himmel und weißer Sand – ist etwas schade. Ein wenig mehr Rätselhaft­igkeit, einige lose Enden oder einfach nur ein Zweifel am Paradies hätten dem Film deutlich mehr Tiefe verliehen. (USA 2015, 116 Min.)

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Foto: Concorde

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