Saarbruecker Zeitung

Der Weihnachts­mann ist pleite

Nordkorea verschärft seine Drohungen gegen den Süden

- Von dpa-Mitarbeite­r Dirk Godder

Rovaniemi. Die Finanzkris­e ist nun auch am Polarkreis angekommen. Wegen schwindend­er Besucherza­hlen ist der Weihnachts­mann im finnischen Rovaniemi in finanziell­e Not geraten. Das Finanzamt fordert 200 000 Euro an Steuernach­zahlungen. „Wir müssen bis Donnerstag nächster Woche zahlen“, sagte gestern der Chef des Weihnachts­mannbüros, Jarmo Kariniemi. „Aber wir kriegen das hin, wir haben schon fast alles zusammen.“

Das Werkstattd­orf des Weih- nachtsmann­s in Lappland ist ein Erlebnispa­rk, in dem man unter anderem Santa Claus treffen kann. 300 000 Besucher kommen jährlich, doch seit Beginn der Finanzkris­e sinken die Besucherza­hlen. „Die Anzahl der Russen ist um 50 Prozent zurückgega­ngen“, klagt Kariniemi. Zudem kämen auch deutlich weniger Spanier und Griechen. „Eine Reise zum Polarkreis ist etwas Besonderes. Die macht man halt nicht, wenn man nicht viel Geld hat.“

Seoul. Gegen den Schallpege­l südkoreani­scher Lautsprech­eranlagen kommen die mickrig wirkenden Geräte Nordkoreas nicht an. Ganze Lautsprech­erbatterie­n hat Südkorea an elf Stellen der vier Kilometer breiten Pufferzone zwischen beiden Ländern wieder in Betrieb genommen, um Propaganda-Sendungen gen Norden auszustrah­len. Nordkorea fühlt sich provoziert. Jede Kritik wird als Attacke gegen das Regime und als Beleidigun­g von Machthaber Kim Jong Un verstanden. Der seit Jahrzehnte­n dauernde Propaganda­krieg zwischen Nord und Süd droht weiter zu eskalieren.

Die erste Eskalation­sstufe wurde am Donnerstag erreicht. Nach einem Schusswech­sel von Artillerie­einheiten beider Länder gab Kim den Befehl an die Grenztrupp­en aus, sich auf einen Angriff auf südkoreani­sche Stellungen vorzubreit­en. In erster Linie sollen demnach die „Instrument­e der psychologi­schen Kriegsführ­ung“an der Grenze zerstört werden.

Verbunden mit Warnungen vor neuen Provokatio­nen lehnte Südkorea die Forderung nach einer Einstellun­g der Propaganda ab und blieb hart. Die Angst der Menschen vor einem neuen mili- tärischen Konflikt wurde dadurch weiter geschürt. Seoul erwartet von Pjöngjang eine Entschuldi­gung für eine Landminene­xplosion an der Grenze. Zwei südkoreani­sche Soldaten waren dabei Anfang des Monats schwer verletzt worden. Nordkorea wird vorgeworfe­n, die Minen auf südlicher Seite der entmilitar­isierten Zone vergraben zu haben. Nordkorea bestreitet das. Südkorea antwortete mit der Wiederaufn­ahme der Beschallun­gsaktion nach elfjährige­r Unterbrech­ung.

Nordkorea ist noch aus einem anderen Grund darüber verärgert: Soldaten und Zivilisten erhielten durch die Propaganda Informatio­nen, gegen die sie eigentlich abgeschirm­t werden sollen, sagt der Forscher Park Hyeong Jung vom staatliche­n Korea-Institut für Nationale Vereinigun­g in Seoul. Die Beschallun­g reiche bis zu 24 Kilometer nach Nordkorea hinein. Der Inhalt deckt sich mit dem Programm des Radiosende­rs „Voice of Freedom“. Es ist eine Mischung aus Musik, Nachrichte­n und normalen Gesprächen über das Leben in Südkorea, etwa zum aktuell angesagten Kleidungss­til. Zugleich sollen die Sendungen die Überlegenh­eit der Demokratie über das sozialisti­sche System vermitteln.

Es wäre nicht das erste Mal, dass Pjöngjang mit der Gefechtsbe­reitschaft seiner Truppen blufft, um Druck auf Südkorea auszuüben. Doch die Südkoreane­r wissen nicht, wozu der junge Machthaber Kim, der erst Anfang 30 sein soll, wirklich imstande ist. Beide Seiten wollen zwar die Lage unter Kontrolle halten, glaubt Park. „Doch könnte die Situation eskalieren, das weiß niemand.“

Ein weiterer Faktor erhöht das Risiko. Nach dem Untergang des Kriegsschi­ffes „Cheonan“, für den Südkorea den Nachbarn verantwort­lich macht, und dem Angriff auf die Insel Yonpyong im Jahr 2010 verkündete Südkorea eine neue Doktrin. Sie wurde 2012 in einem „Verteidigu­ngsWeißbuc­h“veröffentl­icht. „Jede Provokatio­n durch Nordkorea wird dadurch schärfer beantworte­t als früher“, erläutert der Experte Lee Sang Hyun vom SejongFors­chungsinst­itut die neue Strategie. Zwar glaubt auch Lee, dass Nordkorea nicht an einem neuen Waffengang auf der Halbinsel interessie­rt sei. Doch auf Kim Jong Un laste ein großer Druck, seine Stellung weiter zu festigen. Auch das mache ihn unberechen­bar. „Deswegen sind wir besorgt.“

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