Saarbruecker Zeitung

Merkel warnt Athen vor Wortbruch nach Neuwahl

Der Linkspolit­iker zwingt mit seinem Rücktritt seine Gegner innerhalb der eigenen Partei, sich zu zeigen

- Von dpa-Mitarbeite­r Takis Tsafos

Berlin/Athen. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) erwartet von Griechenla­nd unabhängig vom Ausgang der geplanten Neuwahlen die Einhaltung der versproche­nen Reformen. „Getroffene Vereinbaru­ngen gelten, auch über Wahltage hinaus“, sagte gestern Regierungs­sprecher Steffen Seibert. Das neue Hilfsprogr­amm für Griechenla­nd im Umfang von bis zu 86 Milliarden Euro gebe den Weg für die nächsten drei Jahre vor. Daran habe sich auch durch den Rücktritt von Ministerpr­äsident Alexis Tsipras nichts geändert.

Tsipras selbst steht eine neue Kraftprobe bevor. Der linke Flügel seiner Regierungs­partei Syriza spaltete sich ab und bildet nun unter dem Namen Volkseinhe­it eine eigene Parlaments­gruppe.

„Nun muss das griechisch­e Volk entscheide­n.“

Alexis Tsipras

Griechenla­nd kommt nicht zur Ruhe. Nach Wahlen im Januar und einem Referendum im Juli wird bald schon wieder gewählt. Alexis Tsipras will sich ein neues starkes Mandat des Volkes holen. Ob das gelingt?

Athen. Alexis Tsipras ist immer für eine Überraschu­ng gut. Mit seinem Rücktritt ebnete er den Weg für den Showdown mit seinen politische­n Gegnern, innerhalb und außerhalb seiner Partei. Gleichzeit­ig zeigt sich Tsipras von seiner sanften Seite: Er wendet sich ans Volk und entschuldi­gt sich für Fehler. Er habe mit einer Übermacht (Berlin) ringen und sich fügen müssen, damit das Land nicht untergehe und aus der Eurozone fliege. Er sei aber derjenige, der gekämpft habe bei den schwierige­n Verhandlun­gen mit den Gläubigern. Seine Vorgänger hätten nur „Ja“gesagt. Deswegen fordert er ein frisches, starkes Mandat. Um bald über die Umstruktur­ierung des griechisch­en Schuldenbe­rges zu verhandeln.

Mit dem Schachzug zwingt Tsipras seine Gegner in der Partei, sich zu zeigen. Der linke Flügel seiner Partei – 25 Abgeordnet­e – spaltete sich gestern ab und will rasch eine neue Linksparte­i, die Volkseinhe­it (LAE), bilden. Bislang hätten die allzu Linken in der Linksparte­i Syriza ein „surreales“Spiel gespielt – wie Tsipras es nennt. Alle Sparprogra­mme lehnten sie ab und stimmten dagegen. Bei allen anderen Themen blieben sie auf Parteikurs. Sie seien schuld, dass die erste linke griechisch­e Regierung fallen musste, sagen enge Tsipras-Mitarbeite­r.

Der Anführer des linken Flügels, Panagiotis Lafazanis, antwortet darauf: „Warum will Tsipras Expresswah­len? Weil das Volk noch nicht die neuen harten Sparmaßnah­men zu spüren bekommt, die auf die Menschen zukommen“, sagte er gestern. Die Opposition im Parlament zeigte sich indes etwas ratlos. Der Chef der zweitstärk­sten Fraktion, der konservati­ven Nea Dimokratia, Evangelos Meimarakis, wollte prüfen, ob er nach dem Rücktritt des Premier eine andere Regierung bilden könnte, die das Vertrauen des jetzigen Parlaments erhielte. Die Zahlen zeigen aber, dass dies praktisch unmöglich ist.

Das Ende des formellen Verfahrens bis zur offizielle­n Verkündung der Wahlen könnte noch einige Tage dauern. Die Verfassung sieht vor, dass auch die drittstärk­ste Partei drei Tage lang Zeit haben muss zu sondieren, ob eine andere Regie- rung gebildet werden kann. Die meisten kleineren Parteien haben bereits erklärt, sie würden mit niemandem zusammenar­beiten. „Da, wo wir jetzt angelangt sind, sind Wahlen die beste Lösung“, hieß es von der liberalen Partei To Potami. Andere Parteien warfen Tsipras vor, er versuche zulasten des Landes sein innerparte­iliches Problem zu lösen.

Tsipras macht keinen Hehl daraus, was nach einem Wahlsieg seiner Partei kommen würde: Die schwierige­n Zeiten seien nicht vorüber, das sollten alle wissen. Es könnte aber der Anfang vom Ende des Debakels sein, sagte er in seiner Ansprache. Ob Tsipras’ Taktik aufgehen wird, darüber wird das griechisch­e Volk bald entscheide­n. Als wahrschein­liches Datum gilt der 20. September. Analysten kommentier­ten gestern, Tsipras sei ein Vollblutpo­litiker und gehe nun aufs Ganze. Dabei riskiere er, dass das Votum ein anderes Ergebnis bringt, als von ihm erhofft. In Athen werden mit Spannung die ersten Umfragen erwartet.

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FOTO: THYS/AFP Alexis Tsipras geht mit den Neuwahlen ein Risiko ein.

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