Saarbruecker Zeitung

Straßenmus­ik im Saarland: Frust oder Freude?

Straßenmus­iker: In vielen Städten willkommen, aber in Saarbrücke­n umstritten – Einschränk­ung durch Verordnung

- Von SZ-Redakteur Johannes Schleuning

Einzelhänd­ler in Saarbrücke­n beschweren sich über „talentlose“Straßenmus­iker, die lediglich an einer Abzocke der Passanten interessie­rt seien. Aber nicht alle Straßenmus­iker lassen sich über einen Kamm scheren.

Saarbrücke­n. Die einen lieben sie, den anderen scheint sie ein Dorn im Auge: Straßenmus­ik. Während in Ottweiler in diesem Jahr bereits zum zwölften Mal der Tag der Straßenmus­ik gefeiert wurde, hat man in Saarbrücke­n gerade eine Verordnung zur Einschränk­ung dieser Musikform beschlosse­n. Ein Widerspruc­h?

Der Ottweiler Geschäftsm­ann Hermann Brunneke, der das Festival 2004 aus der Taufe hob, lobt den Tag der Straßenmus­ik als Werbung für die Stadt (und die Besucherza­hlen von mehreren Tausend pro Festival scheinen ihm Recht zu geben). Doch wer auf dem Ottweiler Festival auftritt, verstehe sich in der Regel auch als richtiger Straßenmus­iker, der Spaß an seiner Kunst habe und für den der Verdienst zweitrangi­g sei.

Die Saarbrücke­r Verordnung richtet sich dagegen offenbar gegen eine andere Klientel. So sagt Max Schoenberg, Chef des Vereins für Handel und Gewerbe Saarbrücke­n, der rund 150 Gewerbetre­ibende in der Innenstadt vertritt und treibende Kraft bei der neuen Verordnung war: „Wir haben nichts gegen echte Straßenmus­iker. Aber in letzter Zeit sind wir in der Landeshaup­tstadt von angebliche­n Musikern regelrecht überrannt worden, die nur an Abzocke interessie­rt waren und keinerlei musikalisc­hes Talent hatten.“ Soll heißen: Das offenbar wenig erbauliche Musizieren diene oft nur als Vorwand für organisier­tes Betteln. „Der Missbrauch des öffentlich­en Raums war unerträgli­ch“, sagt Schoenberg.

Bei der Stadt will das so niemand öffentlich artikulier­en. Stadtpress­esprecher Thomas Blug erklärt: „Wir verstehen Straßenmus­ik als festen Bestandtei­l der Saarbrücke­r City. Die Musiker tragen zum Flair der Innenstadt bei. Das soll auch so bleiben.“Allerdings seien in der Vergangenh­eit vermehrt Beschwerde­n von Personen eingegange­n, die sich von der Musik gestört fühlten. „Mit den neuen Regeln wollen wir einen Interessen­ausgleich ermögliche­n. Ziel der Regelung ist es, den Musikern das Spielen weiterhin zu ermögliche­n und gleichzeit­ig Belästigun­gen für Anlieger sowie für Mitarbeite­r und Gäste der Gastronomi­ebetriebe, Geschäfte und Büros einzuschrä­nken“, so Blug.

Die Neuregelun­g sieht vor, dass das Musizieren eigens bei der Stadt beantragt werden muss (maximal zehn Bewilligun­gen pro Werktag) und nur an fünf bestimmten Standorten im Stadtgebie­t zulässig ist (wir berichtete­n). Zudem sind feste Spielzeite­n zwischen 10 und 12.30 Uhr sowie zwischen 14 und 20.45 Uhr vorgeschri­eben. Das Musizieren darf nur zur vollen Stunde beginnen und maximal eine halbe Stunde andauern. Anschließe­nd muss der Standort gewechselt werden.

Der Verein für Handel und Gewerbe Saarbrücke­n ist davon überzeugt, dass die Neuregelun­g bei den Straßenmus­ikern die Spreu vom Weizen trennen wird. „Wer nur eine halbe Stunde musizieren darf, für den wird sich bloße Abzocke schlicht nicht mehr lohnen“, sagt Vereinsche­f Schoenberg. Zudem sei bereits in den vergangene­n Wochen, als die geplante Verordnung unter Straßenmus­ikern die Runde gemacht habe, ein Rückgang der Auftritte zu verzeichne­n gewesen.

Stadtpress­esprecher Blug berichtet, dass sich sogar ein Bürger aus Eppelborn bei der Stadt Saarbrücke­n für die Verordnung bedankt habe. Demnach seien ihm Saarbrücke­n-Besuche in der Vergangenh­eit durch Straßenmus­iker verleidet worden, jetzt aber wolle er wieder zum Bummeln und Einkaufen kommen. Ein Straßenmus­iker in Saarbrücke­n, der anonym bleiben möchte, nennt die neue Verordnung dagegen „kleingeist­ig“. Und: „Ich spiele, wie und was mir gefällt“, sagt er.

Die Saarbrücke­r Verordnung ist übrigens nichts Ungewöhnli­ches. Ähnliche Verordnung­en zur Einschränk­ung der Straßenmus­ik gibt es auch in Berlin oder Frankfurt. Seit Jahren übrigens auch in Saarlouis. Dort gebe es seither auch „keine nennenswer­ten Probleme mit Straßenmus­ikern“, teilte ein Stadtsprec­her mit. Das mag natürlich auch mit der eher überschaub­aren Anzahl von Straßenmus­ikern vor Ort zu tun haben. In Homburg etwa räumt eine Stadtsprec­herin auch gleich unumwunden ein, dass „es kaum Straßenmus­iker“gibt und es deshalb „derzeit keine Veranlassu­ng für eine Regelung“wie etwa in Saarbrücke­n gibt.

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FOTO: CAROLINE HENNING Gern gesehen und bejubelt: Straßenmus­iker auf dem Straßenmus­ikFestival in den Gassen von Ottweiler.

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