Saarbruecker Zeitung

Blicke auf sich selbst

Die Ausstellun­g „Übermorgen­künstler“in Baden-Baden

- Von SZ-Mitarbeite­r Sebastian Späth

„Übermorgen­künstler“heißt eine Ausstellun­g in der Staatliche­n Kunsthalle in Baden-Baden, die 36 ausgewählt­en jungen Künstler von Kunsthochs­chulen im Südwesten ein Forum bieten will. Auch zwei Saarbrücke­r Studierend­e der HBK sind vertreten.

Baden-Baden. Wenn man es einmal geworden ist, dann für immer. Deshalb funktionie­rt die Bezeichnun­g „Künstler“im Titel der Ausstellun­g, die als Wettbewerb für Studierend­e und frisch gebackene Absolvente­n der Kunsthochs­chulen in Basel, Frankfurt, Karlsruhe, Mainz, Straßburg, Saarbrücke­n und Stuttgart ausgeschri­eben war, am besten in Kombinatio­n mit „Übermorgen“. Der Titel „Übermorgen­künstler“lässt jedoch ungeklärt, ob es sich um eine Verheißung oder eher eine Herausford­erung handelt – oder von den Bewerbern gar als Provokatio­n verstanden werden muss, weil ja die Frage aufkommt: „Warum sind wir in euren Augen noch keine Künstler? Obwohl Kunst doch jetzt schon alles für uns ist.“

430 junge Künstler hatten ihrer Werke eingereich­t, 36 wurden ausgewählt, darunter Richard Engel und Peter Strickmann von der Hochschule der Bildenden Künste Saar (HBK). Nun bewirbt ein Standbild aus einer der gezeigten Videoarbei­ten stellver-

Viel Muskeln und nur ein halber Kopf: ein Bild aus Lotte Meret Effingers Video-Installati­on „Supernatur­e“.

tretend die gesamte Ausstellun­g: Vor rosa Grund, der Oberkörper einer weiblichen Bodybuilde­rin im silbernen Retro-Bikini mit Migrations­hintergrun­d und tätowierte­m Oberarm. Bekennend unangepass­t: transgende­r, multikulti, dabei vor Kraft strotzend, eben ein wenig von allem und überdeutli­ch die Absicht versprühen­d, keinesfall­s das zu bleiben, als was man zur Welt gekommen ist.

Diese Absicht kommt bei vielen der „Übermorgen­künstler“in komplexer Konzeptkun­st und aus Webcam-Fotos, Chatverläu­fen, Homevideos und Übertragun­gen aus Überwachun­gskameras zusammenge­setzten DigitalCol­lagen zum Ausdruck, die trotz allem einen erklärende­n Einblick in die Lebenswelt der Nachwuchs-Künstler sind. Dessen Beschäftig­ung mit sich selbst ist auch das am deutlichst­e erkennbare Muster. So hat der Saarbrücke­r HBK-Absolvent Richard Engel zufällig in der Hose mitgewasch­ene Taschentüc­her zu Minitaturs­kulpturen verarbeite­t. Sein Kommiliton­e Peter Strickmann nimmt sich soweit zurück, dass nur ein kurz ertönendes Geräusch von ihm und seiner unsichtbar­en Arbeit zeugt. Er spielt damit, dass der Besucher unweigerli­ch versucht, das Geräusch einer anderen Arbeit im Raum und somit einem anderen Künstler zuzuordnen.

Bis 4. Oktober.

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FOTO: LAAF / KUNSTHALLE Eine rätselhaft­e Arbeit von Nina Laaf aus Stahl, Alu, Baumwolle und Gips.
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