Saarbruecker Zeitung

Vom Hessenweg zum Löscheinsa­tz

In St. Johann steht die größte Feuerwache des Saarlandes

- Von SZ-Redakteur Frank Kohler

Ihre Arbeitsplä­tze gehören zu den spannendst­en in St. Johann. Vom Hessenweg rücken Berufsfeue­rwehrleute zu Tausenden Einsätzen aus. Und sie halten den 760 Freiwillig­en Feuerwehrl­euten Saarbrücke­ns den Rücken frei. Damit die sich nicht um den Kauf der Ausrüstung kümmern müssen. Sondern sich aufs Wesentlich­e konzentrie­ren können. Leben retten.

St. Johann. Sicherheit­sstiefel und Spezialhos­en sind zum Reinspring­en bereit auf dem rot gekachelte­n Boden geparkt. Direkt am Wagen. An großen Haken daneben hängen robuste Einsatzjac­ken, hitze- und säurefest. Modernes Rüstzeug für den Einsatz in der Flammenhöl­le. Die mit Bedacht platzierte Ausrüstung, die immer startklare­n Autos, vollgepack­t mit Geräten – all das lädt die Stille in der großen Halle mit einer eigenartig­en Spannung auf, signalisie­rt: klar für den nächsten Alarm. Immer. Ob es um den Wespenschw­arm geht. Oder eine gigantisch­e Wand aus schwarzem Rauch und Flammen. Wo Retter kiloweise Gewicht verlieren. Nur vom Schwitzen, umzingelt von Hitze und todbringen­dem Rauch. Drei Kisten Mineralwas­ser stehen zum Löschen nach dem Brand da.

Zwei Metallstan­gen führen aus dem Obergescho­ss in die hohe Wagenhalle der Feuerwache 1. Sie sind der schnellste Weg zu den Wagen. Hier stehen die Drehleiter, ein Tanklöschf­ahrzeug, ein Rüstwagen mit Spezialger­äten, ein Hilfeleist­ungsfahrze­ug, vielseitig einsetzbar wie die berühmten Messer aus der Schweiz. Hier wartet das Kleineinsa­tz-Fahrzeug für den Bienenstoc­kAlarm ebenso wie der rotweiß lackierte Sprinter zum Leiten großer Einsätze. Eine Art Retter-Werkzeugka­sten, der sich jedem Einsatz anpassen lässt, kombiniert vom Rechner und der unschätzba­r wertvollen Erfahrung der Männer in der benachbart­en Haupteinsa­tzzentrale. Um die 4000 Einsätze pro Jahr koordinier­en sie für Saarbrücke­n und die übrigen Regionalve­rbandskomm­unen.

Wenn’s drauf ankommt, lassen die Männer und drei Frauen von der Berufsfeue­rwehr alles stehen und liegen. Die Arbeit an den Funk- oder Atem- schutzgerä­ten in den Werkstätte­n. Den Bericht am Computer. Den Kochlöffel, der gerade noch die Soße fürs Mittagesse­n umrührte. Ein Druck auf den Notschalte­r, und die Küche ist aus. Dafür füllt sich bei Alarm die Halle schlagarti­g mit Leben. Dann nimmt jeder seinen Platz im Auto ein, schultert schon das Atemschutz­gerät, während die Motoren losbrüllen. Und ab geht’s.

Spätestens eine Minute nach dem Alarmgong rollt der Löschzug aus dem Hessenweg. Martinshör­ner und Blaulicht bahnen ihm den Weg durch das Verkehrsge­tümmel. Schließlic­h verliert sich ihr Lärm im Dauerrausc­hen der Großstadt.

Dann kehrt die Stille zurück. Und in der ganzen Zeit haben Menschen am Hessenweg weitergear­beitet. Dort ist nicht nur einer der beiden Löschzüge der Berufsfeue­rwehr Saarbrücke­n rund um die Uhr einsatzber­eit, mit dem zwölf der Feuerwehrb­eamten sofort ausrücken können. Der zweite Löschzug steht für ein zehnköpfig­es Team in der Wache 2 an der Weißenburg­er Straße in Burbach.

Das ist nicht der einzige Unterschie­d. Am Hessenweg mit seinen kantigen Betonbaute­n aus den Siebzigern ist die Verwaltung zu Hause.

Dort leiten Josef Schun und sein Stellvertr­eter Ingo Wagenknech­t die einzige Berufsfeue­rwehr (BF) im Saarland mit 189 Beamten. Und sie sind verantwort­lich für das große Servicezen­trum, auf das alle Saarbrücke­r Feuerwehrl­eute zurückgrei­fen.

Auch die 760 Freiwillig­en, ohne die Rettungsar­beit in der Landeshaup­tstadt undenkbar wäre. Sie rücken je nach Einsatz allein aus, oder sie bilden, alarmiert vom Hessenweg aus, mit der BF Teams, um jedem Unglück gewachsen zu sein. Wagenknech­t: „Wir kümmern uns von hier aus für ganz Saarbrücke­n um die Anschaffun­g der Fahrzeuge, der Schutzklei­dung, warten Atemschutz­geräte und andere Ausrüstung. Das Regelwerk wird immer umfangreic­her, und die Feuerwehr muss auf dem neusten Stand sein. Das sind wir. Und halten so unseren Kollegen von der Freiwillig­en Feuerwehr den Rücken fürs Retten frei. Damit zeigen wir, dass wir das Ehrenamt schätzen, wie es ja landauf, landab verlangt wird.“

Als er das sagt, erfüllt der vielverspr­echende Duft einer Tomatensoß­e das Haus am Hessenweg. Und der Lautsprech­er kündet nicht vom nächsten Einsatz.

Sondern vom Mittagesse­n. Selbst gekocht, wie es sich für die Berufsfeue­rwehr gehört. Spaghetti Bolognese. Wenn’s dann draußen heiß hergeht, werden die Nudeln eben kalt – an diesem ganz besonderen Arbeitspla­tz in St. Johann.

Newspapers in German

Newspapers from Germany