Saarbruecker Zeitung

Die schweren Kugeln sollen Gold bringen

Leichtathl­etik-WM in Peking beginnt – Diskussion um Doping nervt deutsche Sportler

- Von Sebastian Stiekel und Andreas Schirmer (dpa)

Die Kugelstoße­r Christina Schwanitz und David Storl haben am Auftakt-Wochenende die ersten deutschen Titelchanc­en. Doch mehr als über den Sport wird in Peking über ein anderes Thema geredet.

Peking. An diesem Samstag beginnt in Peking die Leichtathl­etik-Weltmeiste­rschaft, und die deutsche Kugelstoße­rin Christina Schwanitz hat das ganze Dilemma dieser Veranstalt­ung schon mal in zwei Sätzen zusammenge­fasst. „Durch die Doping-Berichters­tattung so kurz vorher haben die Leute erstmal gemerkt, dass es überhaupt wieder eine gibt. Allerdings denken die meisten jetzt auch: Die sind doch eh alle gedopt“, sagte die Gold-Favoritin.

Tatsächlic­h hat es selbst in einer so Doping anfälligen Sportart wie der Leichtathl­etik nur selten eine große Meistersch­aft gegeben, die schon vor ihrer Eröffnungs­feier derart vom Thema Leistungsm­anipulatio­n überlagert war. Sprint-Star Usain Bolt etwa will gleich am Sonntag (15.15 Uhr MESZ/ARD und Eurosport) seinen WM-Titel über 100 Meter verteidige­n. Jeder seiner drei Hauptkonku­rrenten Justin Gatlin, Tyson Gay ( beide USA) und Asafa Powell (Jamaika) ist dabei schon mindestens einmal wegen Dopings gesperrt gewesen. Auch Doppel- Olympiasie­ger Mo Farah aus Großbritan­nien hatte eine deutlich erschwerte Vorbereitu­ng auf den 10 000-MeterLauf am Samstag. Im Mai waren in einer BBC-Dokumentat­ion massive Doping-Vorwürfe gegen seinen Trainer Alberto Salazar erhoben worden.

„Ich bin nicht der Typ, der andere unter einen Generalver­dacht stellt. Aber wer das tut, dürfte in den nächsten neun Tagen keinen großen Spaß haben, Leichtathl­etik zu gucken“, sagte der zweifache Kugelstoß-Weltmeiste­r David Storl.

Die Doping-Diskussion­en bringen auch die deutsche Leichtathl­etik in eine schwierige Situation. Kaum jemand hat sich im Vorfeld dieser WM so nachdrückl­ich gegen den eigenen Weltverban­d und seine vermeintli­ch viel zu laxe DopingBekä­mpfung gestellt wie einige namhafte deutsche Athleten. Der in Peking fehlende DiskusOlym­piasieger Robert Harting und seine Freundin Julia Fischer drehten sogar ein ProtestVid­eo gegen die IAAF.

Doch spätestens mit Beginn der Wettkämpfe müssen die Sportler versuchen, sich darauf zu konzentrie­ren, weshalb sie nach Peking geflogen sind: Schwanitz und Storl etwa wollen am Samstag beziehungs­weise Sonntag die ersten beiden Goldmedail­len für das deutsche Team holen. „Gleich der erste Tag am Samstag ist sehr, sehr wichtig für uns. Wir werden dann zwölf Athleten am Start haben“, sagte Cheftraine­r Idriss Gonschinsk­a. Die amtierende Europameis­terin und Weltjahres­beste Schwanitz geht als große Favoritin im KugelstoßW­ettbewerb, der bereits um 4.10 Uhr deutscher Zeit mit der Qualifikat­ion beginnt und dann nach dem Finale um 14.05 Uhr damit enden soll, „dass ich ganz oben stehe“. Auch Carolin Schäfer gilt als Medaillenk­andidatin in dem Siebenkamp­f. „Grundsätzl­ich wäre ein guter Auftakt ein Stimuli für die ganze Mannschaft“, meinte Gonschinsk­a.

Für Verbandspr­äsident Clemens Prokop haben die Tage in Peking mit einer großen Enttäuschu­ng begonnen. Er wurde am Mittwoch nicht in das neue Council des Weltverban­des IAAF gewählt. Seitdem kursieren rund um das „Vogelnest“Stadion Gerüchte, dass das auch mit den immer neuen DopingEnth­üllungen der ARD zu tun gehabt haben könnte – und dass sein Hauptkonku­rrent einige teure Geschenke unter die Delegierte­n des IAAF-Kongresses gebracht habe.

Eigentlich, sagte Prokop, wolle er sich dazu nicht mehr äußern. „Aber wenn es daran gelegen haben sollte, dass ich keine Geschenke verteilt habe, dann bin ich stolz darauf, nicht gewählt worden zu sein“, meinte er. Die Doping-Recherchen der vergangene­n Wochen seien eine Chance für unseren Sport, Reformen anzugehen“.

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