Saarbruecker Zeitung

Wie ein Ausrufezei­chen

St. Alban in Gersheim hat eine bewegte Geschichte und besticht durch ihre Sachlichke­it

- Von SZ-Mitarbeite­r Gerd Meiser

St. Alban überragt die Dächer der Gemeinde Gersheim um mehr als Turmesläng­e. Es ist, als bewache die Kirche von hier aus das Bliestal und den Gau. Der Besucher kann sich an dem ein Ausrufezei­chen setzenden Turm orientiere­n.

Gersheim. Es ist bezeichnen­d für die Kirche St. Alban in Gersheim, dass ihre überliefer­te Geschichte mit einer Beschädigu­ng beginnt. Denn im Verlaufe ihrer Geschichte musste sie sich immer wieder gegen die Unbillen der Zeit stemmen. Am 16. Juni 1840 traf sie ein Blitzschla­g. Vier Jahre später musste sie abgerissen werden. Sechs Jahre später, am 16. Juni 1846, wurde die neue Kirche durch den Speyerer Bischof Dr. Nikolaus Weis eingeweiht.

Wieder war es ein viertes Jahrzehnt, in dem das Schicksal der Kirche übel mitspielte. Nicht nur dass 1941 eine Glocke zu Kriegszwec­ken eingeschmo­lzen werden musste, 1945 zerstörten amerikanis­che Bomber das Gotteshaus. 1948 begannen die Gersheimer bereits mit dem Wiederaufb­au. Im Oktober 1950 wurde die neue und etwas vergrößert­e Kirche geweiht.

In der Folge machten auch festlichen Ereignisse deutlich, wie sehr sich die Gersheimer für ihr kirchliche­s Leben engagierte­n: 1954 Weihe von vier neuen Glocken, 1956 Konsekrati­on der neuen Altäre, 1959 Weihe der neuen Orgel aus der Werkstatt der Gebrüder Späth in Mengen. Die Glocken entstammen der Werkstatt Paccard in Annecy (Haute Savoie), Sie sind dem hl. Josef, der hl. Barbara, dem hl. Alban und der Muttergott­es geweiht. 2003 folgte eine weitere Restaurier­ung der Kirche, dieses Mal unter der Planung des Architekte­n Klaus Daub vom Planungsbü­ro Andreas Michaeli aus Rohrbach.

Lourdesgro­tte Stanislaus Fontana, der gute Geist von St. Alban und stellvertr­etende Vorsitzend­er des Verwaltung­srates, kennt sich in der Gersheimer Kirchen- Geschichte bestens aus. Vor der Kirche macht er auf das eindrucksv­olle Kriegerged­ächtnis-Monument, auf das ökologisch­e Schullandh­eim „Spohns Haus“, das DRK Heim und das alte Pfarrhaus aufmerksam. Ferner führt Fontana an das Grab des Geistliche­n Rates Michael Schane.

Er war nicht nur von 1830 bis 1882 Pfarrer in Gersheim, sondern auch der Bauherr der neuen Kirche. Planer waren die Baumeister Schwarzenb­erger und P.H. Portschell­er. Das Grab liegt zwischen Kirche und dem 400 Jahre alten Pfarrhaus, in unmittelba­rer Nachbarsch­aft der Lourdesgro­tte.

Mit dem Bau der Lourdesgro­tte lösten die Gersheimer Bürger ein Verspreche­n ein. Sie hatten im Kriegswint­er 1944/45 in den Stollen des Kalkwerkes 100 Tage Schutz vor den Kriegseinw­irkungen gesucht. Für den Fall einer unbeschädi­gten Rückkehr in das Dorf wollten die Gersheimer eine Andachtsst­elle bauen. Die Grotte wurde 1995 ein-

Der Namenspatr­on.

geweiht. Im Umfeld der Gebetsstät­te wird, so heißt es in einem Bericht der Saarbrücke­r Zeitung von Barbara Degott, der Grabstein eines Pfarrers Johann Gerhard Wies gefunden. Er war von 1785 bis 1807 Pfarrer in Gersheim. Ein weiterer historisch­er Grabstein erinnert an den Priester Peter Fassian. Er war von 1810 bis 1827 Pfarrer in der Pfarrei.

Dann steht der Besucher vor dem überrasche­nd hohen Eingangspo­rtal der Kirche aus dem Jahre 1844 und legt, um hinauf zur fast vierzig Meter hohen Turmspitze zu sehen, den Kopf weit in den Nacken. Die Vorderfron­t mit dem aufgesetzt­en Turmes mit Turmuhr und der Rundbogen über dem hohen Eingangspo­rtal fasziniert.

Große Helligkeit In der Kirche umflutet den Besucher eine große Helligkeit. Die Kirchenfen­ster sind ohne gegenständ­liche oder symbolisie­rende Malereien und lassen das Tageslicht in den rechteckig­en Saalbau fließen. In der halbrunden Apsis steht der Zelebratio­nsaltar. Anstelle des früheren Hauptaltar­es schließt ein 3.60 m mal 3.40 m großes Gemälde mit neun Einzelszen­en aus dem Leben Jesu den Altarraum ab. Es ist eine sehr sensible Arbeit in Ölfarbe auf gepressten Holzplatte­n.

Wie das Altarbild besticht auch der holzgeschn­itzte Kreuzweg in dieser Saalkirche durch seine moderne, aber zurückhalt­ende Gestaltung. Neben den beiden Seitenaltä­ren, die der Muttergott­es und dem hl Josef geweiht sind, ist noch am rechten Josefaltar, über dem Taufstein, eine sehr alte Kreuzigung­sgruppe zu sehen, die Stanislaus Fontana und Maria Becker nach der Restaurier­ung durch Anneliese Huth sorgfältig aufgehängt haben. Ihr Entstehung­sjahr ist unbekannt, auch der Name des Künstlers. Das Relief stammt aus dem Erbe von Geistliche­n Rat Pfarrer Josef Schindler.

Eine Statue des hl. Alban, an der linken Wand vor dem Marienalta­r und ein weitere Muttergott­esfigur unter der Empore erfordern Aufmerksam­keit. Vor allem aber die Pieta, die etwas versteckt vom Eingang links unter der Empore steht, lädt zum stillen Gebet ein. Sie soll ein beachtlich­es Alter haben und wurde 1994 von Restaurato­r Schöndorf aus Ottweiler im Auftrag der Pfarrei restaurier­t. Eine sehr elegant geschwunge­ne Treppe führt auf die Empore mit der mächtigen Orgel.

Die Kirchenbän­ke haben die Kriegserei­gnisse nicht überlebt und wurden 1950 durch die Fa. Georg Buchheit aus Reinheim erneuert, wie Stanislaus Fontana berichtet.

St. Alban steht in Gersheim für die christlich­e Tradition im Bliesgau. Die Kirche hat den Wirren der Zeit getrotzt und ist mehr als nur ein das Gemeindebi­ld prägende Gebäude. Sie ist Symbol für Zuversicht und Gottvertra­uen der Gläubigen.

Auf der Seite „Momente“stellt die Saarbrücke­r Zeitung im Wechsel Kirchen in der Region und Lebenswege Verstorben­er vor.

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Klassizist­isch: St. Alban.
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