Saarbruecker Zeitung

Mit einem Klick auf Sendung

Per App können Smartphone-Besitzer ihre Videos live mit einem Millionenp­ublikum teilen

- Von dpa-Mitarbeite­r Tom Nebe

Videos live vom Smartphone ins Internet übertragen – mit speziellen Apps ist das möglich. Doch Vorsicht: Nicht nur das Datenvolum­en kann dabei zur Stolperfal­le werden. Auch rechtlich gibt es einiges zu beachten.

Hamburg. Vom Eiffelturm, aus dem Fußballsta­dion oder beim Riesenradf­ahren – ein Klick genügt und das Smartphone ist live auf Sendung. Sogenannte Livestream-Apps wie Meerkat und Periscope übertragen Videos vom Telefon direkt ins Internet. Ohne riesiges TV-Netzwerk im Rücken können Nutzer theoretisc­h ein Millionenp­ublikum erreichen. Doch wie gelingen attraktive Bilder? Wie gewinnt man Zuschauer? Und gibt es rechtliche Fallstrick­e?

Es sind vor allem spannende und aktuelle Bilder, die Zuschauer anziehen. „Livestream­s machen bei zeitkritis­chen Inhalten Sinn“, sagt Professor Andreas Hebbel-Seeger von der Macromedia Hochschule Ham- burg. Das können Bilder von einem Radrennen sein oder von einer Politiker-Rede, einem Brand oder Naturereig­nissen.

Aber nicht jedes Ereignis ist dauerhaft spannend, man muss die Zuschauer bei Laune halten. Zum Beispiel mit eigener Moderation, rät der Professor für Medienmana­gement. Livestream­er müssen außerdem nah am Geschehen sein, da Smartphone-Kameras über keinen Zoom verfügen. Schnelle Schwenks sind tabu – den Zuschauern soll ja nicht schlecht werden. Auch im Hochformat zu filmen, sei keine gute Idee. Viele Video-Player könnten nur Querformat­e vernünftig wiedergebe­n. Viele Apps erlaubten auch nur Aufnahmen in diesem Format, erklärt Hebbel-Seeger.

Unterschie­dliche Funktionen Insofern schwimmt die App Meerkat gegen den Strom, denn sie lässt nur Aufnahmen im Hochformat zu. Das Programm für Android und iOS kam Anfang des Jahres auf den Markt und hat einen Hype rund um mobiles Livestream­ing losgetrete­n. Wenig später kam das vom Kurznachri­chtendiens­t Twitter gekaufte Periscope. Die beiden kostenlose­n Apps sind eng mit Twitter verknüpft, über den Dienst werden die Videos verbreitet. Von der Funktion her ähneln sie sich, aber Meerkat-Streams werden nicht aufgezeich­net. Bei Periscope können die Filme 24 Stunden lang abgerufen werden, außerdem sind querformat­ige Aufzeichnu­ngen möglich. „Die Benutzerob­erfläche ist bei Periscope funktional­er und aufgeräumt­er“, sagt Dominik Hoferer vom Computer-Fachmagazi­n Chip.

Neben den populären Apps Meerkat und Periscope gibt es weitere interessan­te Anbieter. Ebenfalls kostenfrei sind etwa Stre.am, Ustream oder YouNow. Mit der App Bambuser läuft der Livestream bei Bedarf direkt auf Facebook. Die App ist allerdings nur 15 Tage gratis. Programme wie Switcherst­udio oder Livestream schränken in den frei erhältlich­en Versionen die tägliche Livestream-Zeit oder Zuschauerz­ahl ein. Dafür ermöglicht die App Livestream das Übertragen von Livebilder­n, die von einer Actionkame­ra an das Smartphone gesendet werden. Wer mit einer auf dem Helm montierten Kamera einen Fallschirm­sprung aufnimmt, kann die Aufnahmen also noch in der Luft über das Handy ins Internet übertragen.

Einmal angemeldet, haben Nutzer bei allen Livestream­Apps einen eigenen Videokanal. Den finden Zuschauer aber nur, wenn sie von den Übertragun­gen im Vorfeld wissen. HebbelSeeg­er: „Um seine Zuschauer zu erreichen, ist es sinnvoll, Live- streams in sozialen Netzwerken oder bei Youtube vorher anzukündig­en.“Ein Hindernis für Livestream­er ist der enorme Datenhunge­r der Apps von mehreren Megabyte (MB) pro Minute. „Pakete mit 200 oder 500 MB Datenvolum­en sind dann schnell verbraucht“, warnt Hoferer. Bei längeren Streams rät er zum WLAN.

Rechtliche Hürden Doch nicht nur technische Hürden machen Livestream­ern anfangs das Leben schwer. Es gibt auch rechtliche: Wie bei Filmaufnah­men üblich, müssen gefilmte Personen grundsätzl­ich um Erlaubnis gefragt werden, betont Ansgar Koreng, Medienanwa­lt aus Berlin. Ausnahmen sind große Veranstalt­ungen. Filmen Schüler ihren Lehrer im Unterricht, ist das hingegen eine Verletzung des Persönlich- keitsrecht­s. „Der Betroffene kann dann auf Unterlassu­ng klagen und verlangen, dass das Video gelöscht wird, sofern der Stream aufzeichne­t wurde“, erklärt Koreng. In schwerwieg­enden Fällen droht sogar Schmerzens­geld. Etwa, wenn ein Betrunkene­r auf dem Oktoberfes­t benommen im Gras liegend live ins Internet gestreamt wird.

Unterlassu­ng und Schadeners­atz drohen auch bei Livestream­s von Konzerten oder aus dem Theater. „Tonaufnahm­en sind eine Vervielfäl­tigung des dargeboten­en Werkes. Künstler haben daran die Rechte“, erläutert Koreng. Kaum Grenzen gibt es dagegen, wenn man sich selbst in Aktion live ins Internet streamt. Zumindest fast: „ Läuft Musik im Hintergrun­d, könnte sich die Gema dafür interessie­ren“, sagt Koreng. Und das kann teuer werden.

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FOTO: STRE.AM/DPA Experten raten bei der Nutzung von Livestream­ing-Apps wie etwa der Anwendung Stre.am, im Querformat zu filmen. So sehen die Videos dann auch auf dem Computerbi­ldschirm gut aus.
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FOTO: PERISCOPE/DPA Wer seine Freunde an so einem Panorama teilhaben lassen will, kann das über Apps wie Periscope tun.

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