Leichtathletik-WM hat ersten Doping-Skandal
Begeisternder Speerwurf-Wettbewerb bei der Leichtathletik-WM in Peking – Starke Deutsche ohne Medaille
Die Leichtathletik-WM in Peking hat ihren ersten DopingSkandal. Zwei Läuferinnen aus Kenia sind positiv getestet worden.
Was für ein Finale! Ein Kenianer wird Speerwurf-Weltmeister, ein Ägypter holt Silber. Thomas Röhler geht trotz einer herausragenden Leistung leer aus, Johannes Vetter aus Saarbrücken belegt Rang sieben.
Peking. Vor knapp zwölf Jahren, am 31. August 2003, gewann Speerwerfer Boris Henry bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Paris die Bronzemedaille. Seine Weite damals: ordentliche 84,74 Meter, nur 70 Zentimeter hinter Weltmeister Sergej Makarow. Mittlerweile ist Henry verheiratet, hat den Nachnamen seiner Ehefrau und Speerwurf-Weltmeisterin Christina Obergföll angenommen, ist Bundestrainer – und wurde gestern Augenzeuge des wohl besten Wettkampfs in seiner Disziplin, den die Sportwelt bis dato gesehen hat. Ein Wettkampf, bei dem Thomas Röhler als bester Deutscher seinen Speer auf 87,41 Meter schleuderte – und damit nicht einmal eine Medaille gewann.
Das lag an der unfassbar starken Konkurrenz – allen voran an Wunderwerfer Julius Yego. Mit einer sensationellen Weite von 92,72 Metern schnappte sich der 26-jährige Kenianer Gold – unbeeindruckt von den positiven Dopingproben seiner Teamkolleginnen Koki Manunga und Joyce Zakary, die kurz vor seinem Wettkampf von der IAAF suspendiert worden waren (siehe Text unten). Hinter Yego (26), der auf Platz drei der ewigen Weltbestenliste vorrückte, holte der Ägypter Ihab El Sayed mit persönlicher Bestleistung (88,99 Meter) Silber. Ex-Weltmeister Tero Pitkämäki aus Finnland gewann mit 87,64 Metern Bronze.
Dem deutschen Meister Röhler (Jena) fehlten auf Rang vier 24 Zentimeter zur Medaille. Erst zwei Mal zuvor reichte eine solche Weite in der WM- Geschichte nicht zu einer Medaille (1999 und 2001). „Ich suche mir jetzt eine wunderschöne HolzMedaille – im Ernst“, sagte Röhler: „Das war Wahnsinn da draußen.“Andreas Hofmann (86,01/Mannheim) wurde Sechster, Johannes Vetter vom SV schlau.com Saar 05 Saarbrücken brachte sein Wurfgerät auf 83,79 Meter. Damit feierte der 22-Jährige als Siebter eine gelungene Premiere bei seiner ersten WM bei den Aktiven.
Yego schockierte die Konkurrenz im dritten Durchgang mit seiner Superweite. Nur Weltrekordler Jan Zelezny (98,48/ Tschechien) und Aki Parviainen (93,09/Finnland) hatten jemals weiter als Yego geworfen, der Kenia das fünfte Gold in Peking sicherte – und das erste im Speerwurf überhaupt. „Er war acht Wochen nicht zu sehen, in der Zeit hat er irgendwas richtig gemacht“, sagte Röhler über Yego: „Wir wussten, dass er Speerwerfen kann, das hat er in Finnland gelernt. Die Jungs da wissen, wie es funktioniert.“
Yego war schon als Nummer eins der Welt nach China gereist. Doch die Leistungsentwicklung des vierten von sieben Kindern einer Landwirts-Familie wirft auch Fragen auf. Das Kraftpaket hat seine Bestleistung in diesem Jahr um fast sechs Meter gesteigert. Sein Leichtathletik-Märchen liest sich fast zu schön, um wahr zu sein. Seine Jugend verbrachte er zum Großteil beim Hüten der elterlichen Viehherde. „Während ich die Kühe im Auge hatte, habe ich Holzstöcke geworfen. Das hat mein Interesse am Speerwurf geweckt“, erzählt der 26-Jährige über seine Anfänge. Dann studierte er via YouTube Topstars wie Zelezny und Andreas Thorkildsen, gewann Hochschul-Wettkämpfe, schaffte es ins Nationalteam. Seit gestern ist er Weltmeister.