Reichen die Lehrerstellen?
Immer mehr Flüchtlingskinder – Ministerium: Pläne für Personalabbau überdenken
1500 Flüchtlingskinder besuchten im vergangenen Jahr eine saarländische Schule. Ihre Zahl wird weiter steigen. Deshalb kommen nun Zweifel an den Plänen auf, bis 2020 rund 590 Lehrerstellen abzubauen.
Saarbrücken. Vor dem Hintergrund der steigenden Flüchtlingszahlen hat das Bildungsministerium darauf hingewiesen, dass die Pläne zum Abbau von Lehrerstellen überdacht werden müssten. Im vergangenen Schuljahr besuchten rund 1500 Flüchtlingskinder eine saarländische Schule. Das Ministerium rechnet damit, dass ihre Zahl im kommenden Schuljahr weiter steigt. Wie viele es genau sein werden, ist derzeit aber noch offen, da unklar sei, wie viele Flüchtlinge in andere Bundesländer abwandern werden, sagte eine Ministeriumssprecherin.
Bereits im Juni hatte Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD) erklärt, sollte die Zuwanderung weiter ansteigen, müsse man über zusätzliche finanzielle Mittel reden. Die Landesregierung hatte daraufhin in ihren Eckdaten für den Doppelhaushalt 2016/17 festgelegt, in den kommenden beiden Jahren insgesamt nur 150 Lehrerstellen statt 180 zu streichen. Am Ziel, dass bis zum Jahr 2020 exakt 588 Lehrerstellen abgebaut werden sollen, hält die Landesregierung bislang aber fest.
Im Juni waren auf Initiative des Saarländischen Lehrerin-
Auch an den Grundschulen sollen in den nächsten Jahren Lehrerstellen wegfallen. Doch das Bildungsministerium will diese Pläne angesichts der Flüchtlingszahlen überdenken.
nen- und Lehrerverbands (SLLV) mehrere Hundert Grundschullehrer auf die Straße gegangen, weil sie sich von der Landesregierung beim Umgang mit der steigenden Zahl von Flüchtlingskindern allein gelassen fühlen. Nun erneuerte der SLLV seine Forderung, zusätzliche Lehrer einzustellen. Eine Sprecherin sagte, an den Grundschulen benötige man dringend zusätzliche Lehrkräfte, allerdings sei es schwierig, welche einzustellen, weil es einfach keine gebe. Der SLLV forderte zudem mehr Stellen für Schulsozialarbeiter, um die Flüchtlingskinder, die häufig traumatisiert seien, angemessen zu betreuen.
An den weiterführenden Schulen ist die Situation laut dem Vorsitzenden des Saarländischen Philologenverbandes (SPhV), Marcus Hahn, noch nicht so dramatisch wie an den Grundschulen. Dort gebe es jedoch andere Probleme: „Wie schaffen wir es, dass die Schüler schnell beschult werden können?“Die Jugendlichen müssten schnell Deutsch lernen, unter Umständen ein Trauma überwinden und integriert werden. Bislang sei das Prob- lem weniger, ausreichend Personal zu finden, als vielmehr geeignetes, sagte Hahn: „Wir brauchen Spezialisten, die auch den kulturellen Hintergrund der Flüchtlinge kennen.“
Auch die Landeselterninitiative für Bildung forderte, den Abbau von Lehrerstellen zu überdenken. Nicht nur wegen der wachsenden Zahl der Flüchtlinge, sondern auch weil die Schülerzahlen nicht so stark zurückgegangen seien, wie das Bildungsministerium 2010 noch angenommen hatte. Zudem müssten Schulsozialarbeiter an jeder Schule fester Be-
Ja, das Saarland und seine Kommunen müssen sparen, und längst nicht überall sind die Potenziale schon ausgeschöpft. Aber die Entwicklungen der vergangenen Wochen und Monate kann man auch nicht einfach ignorieren. Wenn im neuen Schuljahr die Schülerzahlen wegen des Flüchtlingsstroms deutlich über den Erwartungen liegen, muss das Konsequenzen haben. Dann kann man nicht ernsthaft auf Beschlüssen zum Abbau von 588 Lehrerstellen beharren, die man vor Jahren unter völlig anderen Vorzeichen gefasst hat. Das ist extrem heikel, weil das Saarland es sich weder politisch noch finanziell leisten kann, gegen die Sparvorgaben zu verstoßen. Aber auch der Stabilitätsrat und der Bund können die Augen vor der Realität nicht verschließen.
standteil des Lehrerkollegiums werden und nicht nur stundenweise eingesetzt werden.
Die Grünen-Fraktion im Landtag sprach sich dafür aus, die Zahl der Lehrerstellen ab dem kommenden Schuljahr aufzustocken. Um das zu finanzieren, müsse das Land beim Bund auf dauerhafte, strukturelle Hilfen pochen, sagte der stellvertretende Fraktionschef Klaus Kessler. An jeder weiterführenden Schule müsse zudem mindestens ein Schulsozialarbeiter tätig sein, um die Flüchtlinge angemessen zu betreuen.