Saarbruecker Zeitung

Grandios lässige Barmusik

„Key Change“von Mocky – Der umtriebige Songwriter tischt fröhliche Melodien aus Jazz, Soul und Funk auf

- Von Kai Florian Becker

Jahrelang stand er hinter (Chilly) Gonzales, Peaches und Leslie Feist in der zweiten Reihe. Wie sie ist auch Mocky einer der umtriebige­n und musikalisc­h ungemein vielseitig­en Exil-Kanadier, die sich zeitweise in Europa niedergela­ssen hatten. Berlin, Köln und Paris hießen ihre Wahlheimat­en.

Aber egal wo wer wohnte, sie verloren sich nie aus den Augen und jeder half mal dem anderen aus. Mocky schrieb beispielsw­eise an den Feist-Songs „So Sorry“(Album: „The Reminder“, 2007) sowie „Bitterswee­t Melodies“, „Graveyard“und „Caught A Long Wind“, alle auf ihrem superben 2011er Album „Metals“, mit. Gonzales lud ihn für die Aufnahmen zu seinen frühen Werken „The Entertaini­st“(2002) und „Presidenti­al Suite“(2003) ein. Außerdem arbeitete Mocky mit dem britischen Soul-Singer/ Songwriter an dessen Alben „Multiply“(2005) und „Jim“(2008). Und er war Initiator der Rap- Gruppe The Puppetmast­az, die sich ausschließ­lich aus Puppen rekrutiert. Damit ihm nicht doch langweilig wurde, veröffentl­ichte er zwischendr­in die vier Soloalben „In Mesopotami­a“(2002), „Are + Be“(2004), „Navy Brown Blues“(2006) und „Saskamodie“(2009). Alles andere als langweilig war auch seine erste Europatour­nee als Solokünstl­er. Er lud damals seine Fans nicht in einen der üblichen Clubs ein, sondern in den jeweiligen Zoo.

2015 könnte nun sein gro-

Mocky konnte für sein Album viele Gastmusike­r gewinnen.

ßes Jahr werden. Das Jahr von Dominic Salole alias Mocky, der 2011 in Los Angeles seine Zelte aufschlug. Für „Key Change“(Heavy Sheet/ Morr Music/ Indigo) hatte er eine bestimmte Vision: „Die modernste Sache, die ich im Jahr 2015 machen kann, ist, Musik mit meinen bloßen Händen zu machen“, dachte er sich. Viele der Instrument­e spielte er tatsächlic­h selbst ein. Die StreicherA­rrangement­s in „When Paulie Gets Mad“stammen jedoch von Miguel Atwood-

Ferguson, der schon für Rhianna und Lana Del Rey arbeitete. In „Living In The Snow“sitzt Feist am Schlagzeug und in „Head In The Clouds“Chilly Gonzales am Piano und an der Fender Rhodes. Mit ihnen und weiteren Gästen entstand – im positivste­n Sinne – lässige Bar- und Unterhaltu­ngsmusik. Funk, Soul, Jazz und Easy Listening wurden zu einem einzigarti­gen ChillSound­track verwoben, der kongeniale­r nicht beginnen könnte als mit „Upbeat Thing“. Dieser Song ist mit fröhlicher Melancholi­e am besten zu beschreibe­n. Dank Piano, Streichern, Schlagzeug, Glockenspi­el und Flöte hat Mocky einen der schönsten, auf alt getrimmten Songs der letzten Monate komponiert. Diese Lässigkeit und Entspannth­eit, diese Grandesse – überragend. Ein Song zum Verlieben – im doppelten Sinne. Melancholi­e schlägt in „When Paul Gets Mad“sowie in „Weather Any Storm“, einer rührendtra­urigen 60er-Jahre-Ballade, durch. Funk bildet das Grundgerüs­t für „Time Inflation (Message To R2)“und „Tomorrow Maker“, in dem Mocky auch singt. Ja, er hat wirklich alles richtig gemacht. 2015 kann sein Jahr werden.

The Bohicas „The Making Of“( Domino): The Making Of” klingt nach GroßReinem­achen – und zwar auf die rustikale Art…. Dem Ohrenschma­lz des Hörers wird sozusagen der Kampf angesagt. Messerscha­rf riffen die Gitarren, offensiv prügeln die Drums, feist pulsiert der Bass durch Songs, die auf Rock’n’RollArt hymnisch sein wollen. Das ist fürwahr kein schlechter Ansatz, doch gibt es neben wirklich präzisen, erfrischen­d ungekünste­lten, infizieren­d wuchtigen Statements leider auch die ein oder andere unangenehm muskelprot­zerische Geste. Das bisweilen gnadenlose Gniedeln von Saiten sei diesbezügl­ich als maximales Negativ-Beispiel erwähnt.

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