Lichtblick Dustin Hoffman
Neu im Kino: „Der Chor - Stimmen des Herzens“von Francois Girard – Braves Rührstück mit Happy End
Christophe Barratiers „Die Kinder des Monsieur Mathieu“hat vor zehn Jahren gezeigt, dass ein Waisenknabenchor und die damit verbundene Kombination aus erbaulicher Musik und Sentiment im Kino ein breites Publikum finden kann.
Einen ähnlichen Weg schlägt nun die US-Produktion „Der Chor“ein. Allerdings wird hier die Musik nicht als kollektive Kraft in Szene gesetzt, sondern als Weg zur individuellen Seelenrettung. Der elfjährige Stet (Garrett Wareing) zögert nicht lange, wenn es darum geht, einen Konflikt mit seinen Klassenkameraden gewaltsam auszutragen. Zuhause liegt die Mutter meistens betrunken auf dem Sofa. Seinen Vater hat der Junge nie kennen gelernt. Aber die engagierte Schuldirektorin (Debra Winger) erkennt sein Talent, denn der heißblütige Störenfried hat eine schöne, klare Sopranstimme.
Nach dem Tod der Mutter taucht bei der Beerdigung der Vater (Josh Lucas) auf, der ein gesittetes Familienleben in New York führt und die Existenz seines unehelichen Sohnes geheim halten will. Die Schulleiterin schlägt ihm vor, den Jungen statt zu einer Pflegefamilie in das Internat des „National Boychoir“zu schicken, und der schwerreiche Vater stellt einen großzügigen Scheck aus, der die Aufnahmeprozedur beschleunigt. Aber der Chorleiter Carvelle (Dustin Hoffman) bleibt gegenüber dem schwierigen Schüler skeptisch. Stet hat vielleicht Talent, aber ihm fehlt die Disziplin, um den musikalischen Standards des Elitechors zu genügen. Aber der Junge fängt Feuer in dem Internat, in dem sich alles um die Musik zu drehen scheint. Trotz hartnäckiger Konkurrenzkämpfe arbeitet er sich zum Solisten hoch. Denn er weiß, was alle wissen: Der engelsgleiche Sopran eines Chorknaben ist eine vergängliche Gabe, die mit dem Stimmbruch verloren geht.
Der kanadische Regisseur François Girard, der schon in „Die rote Violine“sein Faible für musikalische Filme bewiesen hat, erzählt seine Geschichte in einer äußerst übersichtlichen Läuterungsdramaturgie. Im Sog der Musik und durch die Disziplin, die der Chorleiter ihm ein- fordert, kommt der gewaltbereite Waisenknabe zur Ruhe und findet mit seiner eigenen Stimme auch zu sich selbst.
Girard arbeitet ganz im abgesicherten Modus eines amerikanischen Wohlfühlfilms, der die sozialen Härten geschmackvoll inszeniert und schließlich sogar in ein braves Familien-HappyEnd überführt. Wirklich überzeugend sind eigentlich nur die stimmigen Chorszenen, in denen die Faszination für dieses vergängliche, musikalische Phänomen aufleuchtet – und Dustin Hoffman, der als grimmige Autoritätsfigur einen notwendigen Kontrapunkt in diesem seichten Rührstück bildet. (USA 2015, 103 Min, Camera Zwo (Sb); Regie: Francois Girard)