Bundeswehr lehnt Medizin-Hilfe für Flüchtlinge in Lebach ab
Armee schickt keine Sanitäter nach Lebach – Minister klagt über „schwarze Schafe“
Saarbrücken/Lebach. Die Landesregierung kann bei der medizinischen Versorgung der über 2000 Flüchtlinge in der Landesaufnahmestelle in Lebach nicht auf die Unterstützung der Bundeswehr zählen. Das Verteidigungsministerium lehnte die Bitte des saarländischen Innenministeriums, zur Entlastung der ehrenamtlichen Helfer Sanitätskräfte nach Lebach zu entsenden, ab. Ein Bundeswehr-Sprecher begründete dies auf SZ-Anfrage mit „mangelnden personellen Ressourcen“der Truppe.
Innenminister Klaus Bouillon (CDU) reagierte erzürnt. Er bezeichnete die Entscheidung des Verteidigungsministeriums als „nicht akzeptabel“und kündigte an, zusammen mit anderen Landesinnenministern Widerstand zu leisten.
Die Bundeswehr lehnt es ab, Sanitäter zur Versorgung von Flüchtlingen nach Lebach zu schicken – wegen Personalmangel. Innenminister Klaus Bouillon (CDU) ist empört. Es ist nicht sein einziges Problem.
Saarbrücken. Der jüngste Tagesbefehl der Verteidigungsministerin an ihre 180 000 Soldaten ließ an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Die Bitten von Ländern und Kommunen auf Amtshilfe bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen sollten, „wo immer möglich und vertretbar“, realisiert werden, befahl Ursula von der Leyen (CDU).
Nicht möglich und vertretbar scheint dem Verteidigungsministerium jedoch, Sanitäter und Ärzte zur medizinischen Versorgung der Flüchtlinge ins Lebacher Aufnahmelager zu entsenden. Dies könne „nach Prüfung aller zuständigen Stellen aufgrund mangelnder personeller Ressourcen nicht genehmigt werden“, bestätigte das Landeskommando der Bundeswehr der SZ. Den Antrag des Landes, die Flüchtlingshilfe übergangsweise mit Verpflegung zu unterstützen, bewilligte die Bundeswehr zwar. Doch in der Zwischenzeit hatte das Innenminis- terium bereits ein ziviles Catering-Unternehmen damit beauftragt. Auf Bitten des Landes hatte die Truppe zuletzt 200 robuste Betten geliefert.
Innenminister Klaus Bouillon (CDU), den das Nein zur medizinischen Versorgung kalt erwischte, weil er nach eigenen Worten andere Signale hatte, will die Entscheidung nicht akzeptieren. „Es kann nicht sein, dass man nationale und internationale Aufgaben auf dem Rücken des Roten Kreuzes und der Menschen hier im Land aussitzen will“, so Bouillon. Das DRK leiste in Lebach „tolle Arbeit“, aber die ehrenamtlichen Helfer stießen an ihre Grenzen. „Wozu haben wir denn die Bundeswehr?“, empörte er sich. „Dann sollen sie eben die Soldaten aus Afghanistan oder der Türkei abziehen.“Ohne die Hilfe der Bundeswehr gehe es nicht.
Bouillon ist auf den Bund zurzeit ohnehin nicht gut zu sprechen. Dieser tut seiner Meinung nach viel zu wenig, um bei der Unterbringung der Flüchtlinge zu helfen, etwa mit Milliarden für den sozialen Wohnungsbau. „Wir steuern auf eine Spaltung der Gesellschaft zu. Ich verstehe nicht, warum die in Berlin das nicht kapieren“, sagte Bouillon.
In Lebach stellt sich seit Kurzem unterdessen eine neue Herausforderung. Nach Bouillons Angaben sind in den letzten Tagen rund 200 Flüchtlinge aus Erstaufnahme-Einrichtungen anderer Bundesländer, vor allem aus Trier und Karlsruhe, nach Lebach gekommen – wegen der schnellen Asylverfahren und guten Versorgung, vermutet der Innenminister. Sie hätten sich, ohne registriert worden zu sein, in den Zelten „einfach dazugelegt“. Ein Teil von ihnen sei schon einmal in Lebach gewesen und dann anderen Bundesländern zugeteilt worden. „Wir müssen die schwarzen Schafe aussortieren“, sagte Bouillon. Andernfalls sei das System, mit dem die Flüchtlinge nach einem Proporz auf die 16 Bundesländer verteilt werden (das Saarland bekommt 1,22 Prozent), am Ende. Ab sofort werden von Flüchtlingen Fingerabdrücke genommen. So sollen jene erkannt werden, die bereits in Lebach waren.
Mit Hilfe von Dolmetschern würden jetzt die 200 Menschen aus den anderen Aufnahmelagern gesucht und aufgefordert, zurück in ihre jeweilige Einrichtung zu gehen, so Bouillon. Wenn das nicht klappt, werde es in den Zelten Personenkontrollen geben, droht Bouillon. „Notfalls lasse ich sie von der Polizei herausholen.“Essen werde nur noch an Flüchtlinge ausgegeben, die mit einem Armbändchen oder einer Nummer belegen könnten, dass sie in Lebach registriert seien.
Der Forderung mehrerer Oberbürgermeister nach einer zweiten Aufnahmestelle (die SZ berichtete) erteilte Bouillon eine Absage. „Ein zweites Aufnahmelager würde an der Verteilung der Menschen auf die Kommunen nichts ändern“, so Bouillon. Mit der Verdopplung der Plätze in Lebach auf 3000 sei faktisch eine zweite Aufnahmestelle geschaffen worden. Eine Infrastruktur mit Arztpraxis, Hebammen-Container, gynäkologischer Ausstattung, StillContainer oder Frauenzelt koste viel Geld. Dies doppelt vorzuhalten, sei nicht möglich. Die CDU-Bürgermeister im Saarland lobten gestern in einer Mitteilung Bouillons „bundesweit vorbildliches Flüchtlings-Management“. Ob weitere Erstaufnahmestellen im Saarland nötig seien, werde sich in den nächsten Monaten zeigen.