Saarbruecker Zeitung

Mehr gezielte Kontrollen in Zügen

Europäisch­e Minister wollen nach Terrorangr­iff im Thalys länderüber­greifende Zusammenar­beit ausbauen

-

Nach der jüngsten Terroratta­cke werden Bahnreisen­de künftig häufiger bewaffnete­n Sicherheit­skräften begegnen. Auch gezielte Kontrollen sollen Zugfahrten sicherer machen. Flächendec­kende Checks lehnen die zuständige­n Minister aber ab.

Paris. Mehr gezielte Kontrollen und Datenausta­usch sollen nach der vereitelte­n Terroratta­cke im Thalys nach Paris die Sicherheit in europäisch­en Hochgeschw­indigkeits­zügen verbessern. Gleichzeit­ig lehnen europäisch­e Regierunge­n umfassende Checks ab. „Wir wollen keine vollständi­ge, flächendec­kende Personen- oder Gepäckkont­rolle in den Zügen in Deutschlan­d oder Europa“, sagte Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) am Samstag in Paris nach einem Treffen mit Innen- und Verkehrsmi­nistern aus neun Ländern.

Ausweiskon­trollen oder Sichtung von Gepäck solle es da geben, „wo es notwendig ist“, sagte Frankreich­s Innenminis­ter Bernard Cazeneuve. Bereits jetzt in den Zügen patrouilli­erende länderüber­greifende Polizeistr­eifen sollten weiterentw­ickelt und verstärkt werden. Zudem soll ein Gutachten den Nutzen genereller Namenstick­ets in Hochgeschw­indigkeits­zügen prüfen.

„Wir sind entschloss­en, unsere Zusammenar­beit fortzusetz­en, um möglichen Terror bes-

In einem solchen Zug hatte ein Mann das Feuer eröffnet – nun wurden Konsequenz­en beraten.

ser zu bekämpfen“, sagte Cazeneuve. Öffentlich­e und private Einrichtun­gen sollten ihre Zusammenar­beit in Sicherheit­sfragen intensivie­ren. Auch gezielte Checks an Ländergren­zen seien möglich, es solle aber keine systematis­chen Grenzkontr­ollen geben. „Die allgegenwä­rtige Terrorbedr­ohung versucht unsere Freiheit zu untergrabe­n“, sagte Cazeneuve. Dies müsse von den europäisch­en Staaten entschloss­en bekämpft werden.

Auch de Maizière betonte: „Unabhängig davon, ob es technisch ginge, wollen wir nicht, dass Terroriste­n den Erfolg haben, dass alle diese Bewegungen erfasst und kontrollie­rt werden.“Es gehe vielmehr darum, die gezielte Zusammenar­beit der Behörden und etwa den Austausch von Informatio­nen über Verdächtig­e zu verbessern. In Deutschlan­d sollen nach seinen Worten Investitio­nen zur besseren Nutzung von bereits in den Bahnhöfen vorhandene­n Kameras für mehr Sicherheit sorgen.

Ein 25 Jahre alter Islamist hatte Mitte August schwer bewaffnet im Zug von Amsterdam nach Paris das Feuer eröffnet und zwei Menschen schwer verletzt. Der Mann war von Fahrgästen niedergeru­ngen worden.

Cazeneuve hatte deswegen neben den zwei zuständige­n EU-Kommissare­n Ministerko­llegen aus Deutschlan­d, Großbritan­nien, Italien, Spanien, den Niederland­en sowie aus Belgien, der Schweiz und Luxemburg eingeladen. Diese Länder sind über Hochgeschw­indigkeits­züge mit Frankreich verbunden.

Auch Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) wandte sich in Paris gegen flächendec­kende Kontrollen, wie sie bei Flugzeugen üblich sind: „Die Bahn ist ein offenes und frei zugänglich­es System. Das ist seine Stärke.“Allein in Deutschlan­d stünden fast 6000 Bahnhöfe nur 22 Flughäfen entgegen, dies seien „enorme Unterschie­de“.

Einen Plan der EU-Kommissare diskutiert­en die Minister laut Dobrindt nicht. Darin war eine Videoüberw­achung in Hochgeschw­indigkeits­zügen vorgesehen. Passagiere und Gepäck sollten per Metalldete­ktor oder Ganzkörper­scanner überprüft werden.

Auch die Gewerkscha­ft der Polizei warnte gestern vor falschen Vorstellun­gen. „Absolute Sicherheit im Bahnverkeh­r ist illusorisc­h“, sagte der stellvertr­etende Bundesvors­itzende Jörg Radek in einer Mitteilung. „Allein die Komplexitä­t des Schienenve­rkehrs lässt die Sicherheit­sbehörden an ihre natürliche­n Grenzen stoßen.“dpa

 ?? FOTO: AFP ??
FOTO: AFP

Newspapers in German

Newspapers from Germany