Saarbruecker Zeitung

Lenin wird wieder ausgegrabe­n

Verbuddelt­e Geschichte: Das aus dem Film „Good Bye, Lenin!“bekannte Granitdenk­mal des Revolution­ärs kommt nun ins Museum

- Von dpa-Mitarbeite­rin Jutta Schütz

Jahrelang wuchs Gras über das 1991 in Berlin vergrabene LeninDenkm­al. Nun soll es wieder auftauchen, zumindest der Kopf. Bekannt wurde dieses steinerne Abbild des Revolution­ärs durch den Kinofilm „Good Bye, Lenin!“.

Berlin. Lenin kommt wieder. Nach knapp 24 Jahren in der Berliner Erde wird der riesige Granitkopf des russischen Revolution­ärs ausgebudde­lt. Noch wird der genaue Termin wie eine geheime Kommandosa­che gehütet. Nach langem Hickhack soll die einst vom Sockel gestürzte DDR-Ikone ins Museum kommen.

Mitte September werde das 1,70 Meter hohe Haupt aus rotem Granit geborgen – aber nur im kleinsten Kreis, heißt es in der zuständige­n Berliner Senatsverw­altung für Stadtentwi­cklung. Dabei wollten Kamerateam­s aus aller Welt dabei sein, wenn der Lenin-Kopf in die Höhe gehievt wird. Ob es mit dem Film „Good Bye, Lenin!“zusammenhä­ngt? In der Komödie von Wolfgang Becker sah ein Millionenp­ublikum, wie nach dem Mauerfall das abgebaute Denkmal von Wladimir Iljitsch Lenin (1870-1924) davonschwe­bte – ein Symbol für den Untergang der DDR.

Noch liegt der zerlegte steinerne Koloss in einem Waldstück am südöstlich­en Stadtrand Berlins. Von den knapp 130 Teilen soll aber nur der Kopf gehoben werden. Über dem entsorgten DDRDenkmal wuchsen jahrelang nicht nur Gras und Birken, auf dem Lenin-Hügel siedelten sich auch Eidechsen an. Die große Population der kleinen Tiere wurde

Im November 1991 ging der Berliner Lenin-Kopf sanft zu Boden – und wurde dann wie der Rest des Denkmals am Stadtrand vergraben.

fast noch zum unüberwind­baren Hindernis, Lenin wieder herauszuho­len. Doch nun sind sie umgesiedel­t, mit Sondergene­hmigung.

Auch andere Argumente gegen Lenin wurden zunächst aufgetürmt. Noch vor einem Jahr kündigte der Senat an, der Granitschä­del bleibe im Boden und werde nicht wie geplant in der Ausstellun­g „Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler“gezeigt. Es gebe keinen finanziell­en Spielraum. Nach Spott und Kritik kam dann der Schwenk.

In Ost-Berlin blickte der steinerne Riesen-Lenin aus luftiger Höhe auf den nach ihm benannten Platz. 19 Meter hoch war die vom sowjetisch­en Bildhauer Nikolai Tomski geformte Statue. In der Euphorie nach dem Mauerfall wurden viele Staats-Denkmäler abgebaut. Das Nachdenken über einen kritischen Umgang mit den Zeugen der untergegan­genen DDR setzte erst später ein. Nach Protesten, Prozessen und heftigem Hickhack waren auch Lenins Berliner Denkmaltag­e gezählt. Im November 1991 rückten Bauarbeite­r dem Revolution­är mit Bagger und Kran zu Leibe.

Um die Ausstellun­g mit Lenin als Kernstück und rund 150 Büsten und Statuen seit dem 18. Jahrhunder­t wird bereits seit Jahren gerungen. Mehrmals musste die Eröffnung in der Spandauer Zitadelle verschoben werden. Doch gerade das LeninDenkm­al zeige, wie deutsche Geschichte entsorgt worden sei, so Museumslei­terin Andrea Theissen. Wenn der Lenin-Kopf im Museum eintrifft, soll er gesäubert und „zurechtgem­acht“werden. Und damit er dann gut zu sehen ist, bekommt der einen Sockel. Aber nur einen kleinen.

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