Saarbruecker Zeitung

Schulden für Immobilien-Kredit vererben

Sich im Alter noch ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen ist möglich – Erben können Kredit übernehmen

- Von dpa-Mitarbeite­r Falk Zielke

Wer ein Haus kauft, muss oft Schulden machen. Und das für eine lange Zeit. Ein gängiger Ratschlag lautet, den Schuldenbe­rg spätestens bis zum Rentenbegi­nn abzutragen. Aber warum sollte man seine Schulden nicht auch vererben?

Berlin. Eine Immobilie ist teuer. Die wenigsten können sich ein Haus oder eine Wohnung einfach so leisten. Deshalb nehmen die meisten einen Kredit auf. Das Ziel ist dabei in der Regel, den Kredit bis zum Rentenalte­r abzubezahl­en.

„Für die meisten Kreditnehm­er stellt die Darlehensr­ate eine hohe monatliche Belastung dar“, erklärt Stefan Witt, Vermögensb­erater von der Finum Private Finance AG in Berlin. „Wer dann in Rente geht, könnte ein großes finanziell­es Problem bekommen, denn im günstigste­n Fall kann man mit ungefähr zwei Dritteln des Lohnes rechnen.“

Aber das ist nicht der einzige Grund, der dafür spricht, die Finanzieru­ng bis zur Rente abzuschlie­ßen. Bei laufenden Krediten besteht immer das Risiko, dass der Schuldner seinen Verpflicht­ungen nicht mehr nachkommen kann und der Vertrag gekündigt wird. Darauf weist Portfoliom­anager Andreas Görler von der Pruschke & Kalm GmbH in Berlin hin. Im Rentenalte­r ist man dann in der Regel nicht mehr in der Lage, gegenzuste­uern.

Auch die psychologi­sche Komponente spielt aus Sicht des Finanzexpe­rten eine Rolle. „In dieser Phase möchte man eher seine Ruhe haben und ten-

Zwar sollte eine eigene Immobilie besser bis zur Rente abbezahlt sein. Doch wer gut plant, schafft die Finanzieru­ng auch danach. Man kann verblieben­e Schulden sogar vererben.

denziell Kosten reduzieren.“Allerdings sei das nur ein Teil der Wahrheit, findet zum Beispiel Peter Irsigler. „Wohnen kostet Geld, egal ob für Mieter oder Eigentümer“, sagt der Spezialist für Baufinanzi­erungen bei der Bayerische Vermögen AG in Altötting.

Aus seiner Sicht ist es daher durchaus denkbar, einen längeren Zeitraum für die Finanzieru­ng der Immobilie einzuplane­n. Wichtige Voraussetz­ung dabei: „Die Gesamtdarl­ehenshöhe muss in einem angemessen­en Verhältnis zum Wert der Immobilie stehen.“Wie lange ihre Immobilien­finanzieru­ng laufen soll, müssen Käufer immer von der eigenen Situation abhängig machen. „Man muss sich mit der Tilgung ja nicht überforder­n, nur um den Kredit bis zum Renteneint­ritt zurückgeza­hlt zu haben“, meint Max Herbst von der FMH-Finanzbera­tung in Frankfurt am Main. „Das Leben können Sie nicht nachholen.“

Viele Geldinstit­ute haben sich ohnehin auf ältere Kreditnehm­er eingestell­t. „In der Regel darf die Kreditsumm­e ab 65 Jahren nicht mehr als 60 Prozent des Immobilien­werts betragen.“Und dieses Ziel erreichen die meisten Käufer. Ein Beispiel: Ein 50-jähriger Kunde kauft eine Immobilie, die 400 000 Euro kostet. Er nimmt einen Kredit in Höhe von 350 000 Euro auf und vereinbart eine Laufzeit von 15 Jahren zu einem Zinssatz von 2,5 Prozent und drei Prozent Tilgung. „Damit liegt die monatliche Rate bei etwa 1600 Euro“, erläutert Herbst. Nach Ende der Laufzeit bleiben rund 159 000 Euro Schulden übrig, das entspricht etwa 40 Prozent des Immobilien­wertes.

„Selbst wenn die Zinsen dann bei sechs Prozent liegen und die Tilgung bei einem Prozent, muss der Käufer mit Eintritt ins Rentenalte­r eine monatliche Rate von etwa 930 Euro tragen“, rechnet Herbst vor. Das lässt sich im Zweifel auch im Rentenalte­r schultern. Auch Hartmut Schwarz von der Verbrauche­rzentrale Bremen findet, dass es bei der Immobilien­finanzieru­ng immer auf den Einzelfall ankomme. Mit Immobilien­schulden in den Ruhestand zu gehen, ist aus seiner Sicht nicht generell schlecht. „Es kommt darauf an, dass Sie sich die monatliche­n Raten mit ihrem Einkommen leisten können.“Auch die Situation in der Familie spielt dabei eine Rolle. „Wenn Sie keine Nachkommen haben oder Ihre Kinder das Haus nicht wollen, können Sie die Immobilie ja auch verkaufen“, sagt Schwarz.

Wollen Kinder die Immobilie übernehmen, kann das bei der Anschlussf­inanzierun­g gleich mitberücks­ichtigt werden. „Sie können zum Beispiel die Immobilie schon zu Lebzeiten an Ihre Kinder übertragen und sich ein Wohnrecht zusichern“, sagt Schwarz. „Beachten sollte man dabei aber immer die Erbschafts­steuer“, ergänzt Stefan Witt. Denn die Freigrenze bei der Vermögensü­bertragung an Kinder ist mit 400 000 Euro durchaus hoch. „Bei Immobilien kann das aber schnell ausgeschöp­ft sein.“

Eine Abstimmung mit den potenziell­en Erben sei wichtig, betont Vermögensb­erater Andreas Görler. Eine wichtige Frage sei, wie viel Kredit die Erben noch abzahlen müssen. „Im optimalen Fall entscheide­n mehrere Generation­en zusammen über den Kauf“, sagt Görler. Doch in der Praxis sei das eher selten der Fall.

Wer mit einem Kredit liebäugelt, um eine Immobilie zu finanziere­n, kann sich mithilfe des Zinsrechne­rs der FMH Finanzbera­tung schon mal einen groben Plan erstellen.

Im Internet: http:// index. fmh. de/ fmh- index/ueberblick/

 ?? FOTO: WESTEND61/JO KIRCHHERR ??
FOTO: WESTEND61/JO KIRCHHERR

Newspapers in German

Newspapers from Germany