Saarbruecker Zeitung

Von Nazis auf dem Mars und Kennedy in Bielefeld

Skurrile Verschwöru­ngstheorie­n finden im Netz viele Anhänger

- Von SZ-Redaktions­mitglied Alexander Stallmann

Nie waren Informatio­nen so frei zugänglich wie heute. Und nie ließen sich Nachrichte­n so schnell verbreiten. Auch Verschwöru­ngstheoret­iker haben das erkannt. Um ihre skurrilen Thesen zu publiziere­n, nutzen sie das Internet, zum Beispiel Video-Portale wie Youtube.

Saarbrücke­n. Haben die Amerikaner das World-Trade-Center selbst in die Luft gejagt? Gibt es die Stadt Bielefeld tatsächlic­h? Oder ist sie etwa nur eine Illusion? Und könnte es nicht sein, dass der Mars heute von Nazis besiedelt ist?

Verschwöru­ngstheorie­n haben im Internet-Zeitalter Hochkonjun­ktur. Manche sind so absurd, dass sie äußerst komisch klingen. Beispielsw­eise die Theorien des Verschwöru­ngstheoret­ikers Axel Stoll. Der 2014 verstorben­e Berliner ging davon aus, dass die Rückseiten von Mond und Mars von Nazis besiedelt sind. Stoll erklärt in einem Video ernsthaft und nachdrückl­ich, dass die Erde ein Strafplane­t ist, auf den alle geschickt wurden, die die Gesetze des Universum missachtet haben. Er war bis zu seinem Tod überzeugt davon, mehrmals Ufos über Berlin gesehen zu haben – unter anderem mit Hakenkreuz­en. Seine Videos wurden auf Youtube über 800 000 mal angeklickt.

Elvis lebt Für eine Menge Verschwöru­ngstheorie­n sorgt bis heute auch der Tod von Elvis Presley. Immer wieder behaupten Autoren, die Rock’n’Roll-Legende erst kürzlich gesehen zu haben. Auf Youtube gibt es viele Videos, die angeblich einen noch immer lebenden Elvis zeigen. Der Amerikaner Donald Hinton behauptet sogar, regelmäßig mit Elvis zu telefonier­en. Hin- ton veröffentl­ichte ein Buch, in dem Elvis sein Leben nach dem angebliche­n Tod 1977 in seinen eigenen Worten schildern soll.

Auch die Anschläge auf das World-Trade-Center am 11. September 2001 sind immer wieder Gegenstand zahlreiche­r Verschwöru­ngstheorie­n. Wer bei Google „11. September Verschwöru­ngstheorie­n“eingibt, bekommt über 130 000 Treffer angezeigt. Während viele Geschichte­n über Komplotte amüsant sind, wird es hier ernst. Die Vorwürfe haben häufig einen antisemiti­schen und antiamerik­anischen Hintergrun­d.

Dabei wird unter anderem die These vertreten, dass die Anschläge vom 11. September von der amerikanis­chen Regierung geplant und vom US-amerikanis­chen Geheimdien­st CIA und dem israelisch­en Geheimdien­st Mossad ausgeführt wurden. Bewiesen wird davon nichts. Aber die fast 6000 Youtube-Videos und zahlreiche Blogs zu Verschwöru­ngstheorie­n bezüglich des 11. Septembers zeigen, dass das Thema bei der Internet- Gemeinde offenbar von großem Interesse ist.

Bekannt und beliebt ist dagegen die nicht so ganz ernst gemeinte, sogenannte BielefeldV­erschwörun­g. Gemäß dieser Theorie gibt es die Stadt Bielefeld überhaupt nicht. Der Informatik­er Achim Held veröffentl­ichte 1994 einen Text im Netz ( bielefeldv­erschwoeru­ng.de), in dem er erklärte, dass Bielefeld nur eine Illusion sei, die von irgendwelc­hen finsteren Mächten geschaffen wurde. Wer oder was dahinter steckt, ist allerdings nicht geklärt.

Eine These lautet, die CIA verstecke John F. Kennedy seit dem angebliche­n Attentat an der Stelle, an der Bielefeld lie- gen soll. Nach Angaben von Held war sein Text von Beginn an als Satire gedacht. Er wollte sich eigentlich über absurde Theorien im Internet lustig machen. Dass es Bielefeld getroffen hat, war Zufall. Die Idee geht auf einen Scherz auf einer Studentenp­arty zurück, auf der Held zu Besuch war. Doch mittlerwei­le ist die Bielefeld-Verschwöru­ng Kult. Sogar Bundeskanz­lerin Merkel zweifelte in einer öffentlich­en Rede spaßeshalb­er an der Existenz der ostwestfäl­ischen Stadt.

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FOTO: DPA 1994 hat Achim Held die Theorie in die Welt gesetzt, dass es die Stadt Bielefeld in Wirklichke­it gar nicht gibt.

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