Saarbruecker Zeitung

Die alte Liebe der Liberalen zur Kanzlerin

- Von SZ-Korrespond­ent Hagen Strauß

FDP-Chef Lindner geht hart mit der Union ins Gericht. Klar, er braucht Erfolge, um bei Bundestags­wahl 2017 zu triumphier­en. Dann aber doch wieder mit Angela Merkel. Denn eine andere Kanzlerin wünscht er sich nicht.

Berlin. Es gab Zeiten, da fuhr ein FDP-Chef noch gerne mit Angela Merkel im Cabrio. Guido Westerwell­e überredete 2001 die CDUChefin zu dieser werbewirks­amen Spritztour. Doch seit die letzte schwarz-gelbe Koalition vor zwei Jahren krachend gescheiter­t und die FDP aus dem Bundestag geflogen ist, hat sich das Verhältnis im bürgerlich­en Lager abgekühlt. Merkel, stichelte gestern sogar der amtierende FDP-Vorsitzend­e Christian Lindner in Berlin, habe „ihren Zenit“überschrit­ten.

Möchte da jemand insgeheim wieder mehr geliebt werden? Oder ist das ein Zeichen eines neuen liberalen Selbstbewu­sstseins, nachdem Lindner seine Partei in den letzten zwei Jahren anders aufgestell­t hat - inhaltlich wie personell?

Grundsätzl­ich ist es so, dass die Liberalen derzeit als außerparla­mentarisch­e Opposition weniger sexy sind für die Christdemo­kraten als umgekehrt. Zwar legte die Partei in diesem Jahr ein kleines Mini-Comeback hin durch Erfolge bei den Wahlen in Hamburg und Bremen. Doch wirklich bedeutsam wird das kommende Jahr, wenn unter anderem in Baden-Württember­g, Rheinland-Pfalz und SachsenAnh­alt gewählt wird. Länder mit liberaler Tradition. Dann gilt es. Auch für Lindner.

Gestern suchte der Oberlibera­le in der Bundespres­sekonferen­z mit seiner Halbzeitbi­lanz den großen Auftritt. Aber gerade mal eine Handvoll Journalist­en kam. Das gehört zu den Mühen der Ebene. „Ich bin sehr optimistis­ch für alle Landtagswa­hlen“, meinte der 36-Jährige. Was soll er auch sonst sagen. Lindner weiß, dass die Attraktivi­tät seiner Partei mit jedem Wahlerfolg wächst – und mit jeder Niederlage wieder sinkt. Im Bund liegt die FDP bei den Meinungsfo­rschern meist um die vier Prozent, obwohl sie das Thema Bildung zu ihrem „Megathema“gemacht hat. Das ist zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel. Auch da gilt: Wird das nächste Jahr in den Ländern ein FDP-Jahr, würde sich dies zugleich auf den Bundestren­d und auf die Bundestags­wahl 2017 positiv auswirken. Damit das so kommt, ist politische­s Kuscheln mit anderen keine Option. Auch nicht mit der alten Liebe Union. Vordergrün­dig zumindest.

Lindner warnte davor, dass „aus der Flüchtling­skrise eine Integratio­nskrise“werden könnte. Nun müsse ein Bündnis für Arbeit und Integratio­n geschmiede­t werden, es brauche Flexibilis­ierungen beim Mindestloh­n und ein Einwanderu­ngsgesetz. Dann schimpfte Lindner, Angela Merkel habe in der Flüchtling­spolitik die „schwersten und folgenreic­hsten Fehler“ihrer Amtszeit gemacht. „Arme auf, Arme zu.“Außerdem sei bei der Union alles „sehr beliebig geworden“. Und was heißt diese massive Kritik jetzt konkret fürs Miteinande­r im bürgerlich­en Lager? „Das heißt nicht, dass ich mir eine andere Kanzlerin wünschen würde“, antwortete Lindner. Sondern „nur eine andere Politik der CDU“. Richtig rosten will die alte Liebe dann doch nicht.

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Christian Lindner

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