Diesel-Drama stürzt VW in die Krise
Vorstandschef Winterkorn muss nach dem Machtkampf im Frühjahr erneut um seine Zukunft bangen
Der Abgas-Skandal in den USA dürfte für Europas größten Autobauer nicht nur wegen drohender Milliardenstrafen und Kursverlusten an der Börse teuer werden. Auch personell könnte VW damit kurz vor einer wichtigen Aufsichtsratssitzung wieder auf Schlingerkurs kommen.
Wolfsburg. Aktienabsturz, Vertrauenskrise, Führungsdebatte: Die Affäre um manipulierte Diesel-Abgaswerte in den USA hat Europas größten Autobauer Volkswagen schon wieder in eine Krise gestürzt – nur wenige Wochen, nachdem Vorstandschef Martin Winterkorn (68) sich in einem Machtkampf gegen Ex-Übervater Ferdinand Piëch durchsetzte. „Die gegen VW in den USA erhobenen Vorwürfe wiegen schwer. Eine Manipulation von Emissionstests ist völlig inakzeptabel und durch nichts zu rechtfertigen“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Kontrolleur Stephan Weil (SPD) gestern. Auch der mächtige Chef des Konzernbetriebsrates, Bernd Osterloh, forderte umgehend Aufklärung und Konsequenzen.
Ob Winterkorn die DieselKrise unbeschadet übersteht? Der Skandal kommt für den VW-Chef zur Unzeit: Seine Zukunft an der Konzernspitze scheint erneut ungewiss. „Die nächsten zwei, drei Tage sind entscheidend“, heißt es aus gut informierten Kreisen. Zunächst scheint das Vertrauen im Präsidium des Aufsichtsrates in Winterkorn ungebrochen – der massive Kursverlust an der Frankfurter Börse von zwischenzeitlich fast 20 Prozent sei kein Maßstab: „Die entscheidende Frage ist jetzt, ob noch mehr Hiobsbotschaften aus den USA kommen.“Aus dem Konzern hieß es aber bereits, der engste Zirkel der Aufseher werde morgen ein Krisentreffen abhalten. Am Freitag sollte der Aufsichtsrat nach bisherigem Plan Winterkorns Vertrag verlängern.
Winterkorn selbst scheint nicht vor der Krise weichen zu wollen. Sein Statement am Sonntag zeige klar, dass er Verantwortung übernehmen wolle und es sich zutraue, das Problem zu lösen, sagen Branchenkenner. Erst wenn „maßgebliche Personen aus dem Aufsichtsrat“Zweifel an „Wikos“Fähigkeiten als Krisenmanager bekommen sollten, dürfte es eng werden. Stattdessen stünde wohl zunächst der US-Chef von Volkswagen, Michael Horn, in der Schusslinie. Trotzdem liegt schon jetzt ein Schatten auf Winterkorn.
Das Argument der Zweifler: Der passionierte Techniker hätte ob der besseren Abgaswerte in den USA zumindest stutzig werden können. Denn der Manager ist zugleich Chef der Entwicklungsabteilung. Damit hätte er über die ManipulationsSoftware in den USA informiert sein können, meint etwa Autofachmann Ferdinand Dudenhöffer. Winterkorn habe also entweder von den Manipulationen gewusst – oder sei ahnungslos und habe seinen Geschäftsbereich nicht im Griff, sagte der Direktor des CAR-Instituts an der Universität Duisburg-Essen der „Frankfurter Rundschau“. „In beiden Fällen würde ich sagen, dass Winterkorn an der Konzernspitze nicht mehr tragbar ist.“Mit dieser Meinung ist er nicht allein – auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) legt Winterkorn den Rücktritt nahe.
Knapp zwei Monate vor dem Weltklimagipfel in Paris könnte der Umweltskandal auch andere Hersteller gefährden. Prompt verlangt die Umweltorganisation BUND die übergreifende Überprüfung sämtlicher DieselModelle neuerer Bauart. Auch Bundesregierung und EU-Kommission fordern Informationen, um mögliche Manipulationen bei Abgastests „lückenlos“untersuchen zu können. Fest steht: Über den US-Markt hinaus ist der Ruf der Dieseltechnologie als vergleichsweise umweltfreundliche Antriebstechnik auf einmal mit Fragezeichen versehen. Zumal eine Kernfrage offen ist: Wurde die Software auch genutzt, um in Europa Öko-Standards vorzugaukeln, die man nicht erfüllen kann?
Nürnberger:
VW hat die Autos so program-