Saarbruecker Zeitung

„Manipulati­on ist nicht überrasche­nd“

Saarbrücke­r IT-Experte rechnete schon länger mit einem Skandal

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Stefan Nürnberger leitet am Deutschen Forschungs­zentrum für Künstliche Intelligen­z (DFKI) in Saarbrücke­n eine Gruppe, die sich mit IT-Sicherheit von Autos beschäftig­t. SZ-Redakteuri­n Stefanie Marsch sprach mit ihm über die Manipulati­onen bei VW.

Herr Nürnberger, hat Sie die Nachricht von den Manipulati­onen bei VW überrascht?

Ehrlich gesagt nicht. Ich habe schon früher Artikel gelesen, dass die Autoindust­rie bei Tests für die Spritverbr­auchswerte trickst. Die Fahrzeuge werden leichter gemacht. Die Batterien sind immer voll. Außerdem erkennen die Motorsteue­rgeräte die genormten Testzyklen, also die Bedingunge­n und Geschwindi­gkeitsabfo­lgen während der Tests, und schalten in einen sparsamere­n Modus. Mit der Realität hat das aber wenig zu tun. Dass sich nun herausstel­lt, dass auch bei den Schadstoff­werten getrickst wird, verwundert nicht.

Autoherste­ller tricksen nicht nur bei Abgastests, sagt IT-Experte Stefan Nürnberger.

miert, dass die Abgasaufbe­reitung nur während der Tests in vollem Umfang gearbeitet hat. Was ist der Grund dafür? Nürnberger: Man kann beim Autofahren nicht alles haben: starke Motorleist­ung und wenig Schadstoff­e. Wenn die Emissionsk­ontrolle voll arbeitet, reduziert das die Leistung. Das wollen die Hersteller ihren Kunden nicht zumuten. Bei VW hat das dazu geführt, dass man diese „schizophre­ne“Software eingebaut hat. Glauben Sie, dass VW ein Einzeltäte­r ist? Nürnberger: Ob andere Hersteller auch Software manipulier­en, wissen wir nicht, aber einige setzen schon länger auf die sogenannte „Abgasnachb­ehandlung“. Dabei nimmt man hohe Abgaswerte zunächst in Kauf und bereinigt sie im Nachhinein durch eine Behandlung mit Harnstoff. An der Tankstelle nennt sich das dann AdBlue.

VW hat seine Fahrzeuge mit einer Software manipulier­t. Steigt mit der Zunahme von Computerte­chnik in Autos auch die Gefahr für krumme Dinger? Nürnberger: Es stimmt, dass Manipulati­onen technisch einfacher werden, weil man einen Computer entspreche­nd programmie­ren kann. Aber deshalb weniger Computerte­chnik einzubauen, halte ich nicht für den richtigen Weg. Man hört ja auch nicht auf, Glasscheib­en einzubauen, nur weil an Glas immer Verletzung­sgefahr besteht. Bessere Kontrollen wären aber auf jeden Fall sinnvoll.

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