Saarbruecker Zeitung

Murks aus Germany

Abgas-Skandal bei VW schadet der ganzen Automobilb­ranche

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Dem Pkw-Dieselmoto­r hat Bosch in den USA eine große Zukunft vorausgesa­gt. Der derzeit dürftige Anteil von unter drei Prozent bei den Neuzulassu­ngen werde bis 2018 auf zehn Prozent steigen, heißt es in einer Marktanaly­se des Diesel-Spezialist­en. Diese Prognose war bis zum Wochenende durchaus plausibel. Man muss sie kennen, um zu ermessen, welcher Schaden durch den Betrugs-Skandal um VW-Abgastests in den USA entstanden ist – für die gesamte deutsche Autobranch­e.

Zum Nachteil deutscher Marken verschwand der Diesel-Pkw nach der Ölkrise in den 70er Jahren in den USA fast völlig von der Bildfläche. Unglaublic­h billiges Benzin und die Diskussion­en über die krebserreg­ende Wirkung von Rußpartike­ln manövriert­en ihn ins Abseits. Angesichts strengerer Verbrauchs­und Abgasnorme­n in den USA kommt der sparsame Diesel jetzt wieder ins Spiel – neben den Hybridauto­s mit Benzin- plus Elektromot­or. Darin sehen die deutschen Hersteller wieder eine große Chance, da sie bei der Dieseltech­nologie weltweit führend sind. Daher werben Audi, BMW, Mercedes-Benz und VW in Amerika gleicherma­ßen für den „Clean Diesel“, den sauberen Diesel. Von den rund 450 000 Diesel-Pkws, die derzeit pro Jahr in den USA verkauft werden, stammen über 90 Prozent von deutschen Marken.

Dass VW jetzt in Amerika

GLOSSE überführt worden ist, die Abgaswerte für DieselAuto­s manipulier­t zu haben, bedeutet für die gesamte Clean-DieselKamp­agne einen herben Rückschlag. Sogar die ganze Autobranch­e, die ohnehin viele als größten Umweltvers­chmutzer geißeln, wird unter dem Skandal zu leiden haben. Beschädigt ist auch das Vertrauen in „Made in Germany.“

Wieso betrügt ein deutscher Konzern von Weltrang seine Kunden? Haben auch die anderen Anbieter von Diesel-Pkws getrickst? Erstaunlic­h ist, dass kein Mitarbeite­r bei VW den Betrug öffentlich gemacht hat. Denn an der raffiniert­en Manipulati­on müssen viele kluge Köpfe mitgewirkt haben. Ein Grund für das dreiste Vorgehen von VW könnte die Drohung der amerikanis­chen Umweltbehö­rde gewesen sein, Dieselauto­s des Konzerns wegen zu hoher Abgaswerte keine Freigabe mehr zu erteilen. Ist es derzeit technisch überhaupt möglich, die neuen, sehr strengen Abgas- Grenzwerte einzuhalte­n, oder ist es im harten Konkurrenz­kampf zu teuer?

Möglicherw­eise wurde VW Amerika auch von falschem Ehrgeiz getrieben. Der Gesamtkonz­ern müht sich seit Jahren in ständiger Konkurrenz zu Toyota, weltweit die Nummer eins beim Verkauf zu werden. Doch gerade in den USA schwächelt der VWAbsatz. Da wollte man wohl auf Biegen und Brechen bessere Zahlen erreichen. Nun wird der Konzern sein hochgestec­ktes Ziel völlig verfehlen.

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Von Martin Lindemann

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