Baustopp am Hauptstadtflughafen
Behörde greift wegen schwerer Altlast ein – Zeitplan für Eröffnung wieder in Gefahr
Mit drei Jahren Verspätung ist ein schwerwiegender Mangel am Hauptstadtflughafen aufgefallen. Die Bauarbeiten wurden gestoppt. Jetzt wachsen die Zweifel an der geplanten Flughafen-Eröffnung 2017.
Schönefeld. Die letzte Hiobsbotschaft zum Hauptstadtflughafen, die Insolvenz des Gebäudeausrüsters Imtech, war gerade einigermaßen verdaut. Es gab sogar eine gute Neuigkeit: Nach langer vergeblicher Suche hatte die Geschäftsführung Ende August einen neuen Generalplaner für das Milliardenprojekt gefunden. Seit gestern nun ist die Eröffnung in der zweiten Jahreshälfte 2017 wieder sehr fraglich.
Mit drei Jahren Verspätung wurde ein buchstäblich schwerwiegender Mangel entdeckt: Im Dach des Hauptgebäudes haben Techniker an drei Stellen Rauchgasventilatoren eingebaut, die doppelt so viel Gewicht auf die Waage bringen als genehmigt. Das flog bei der Überprüfung durch einen Gutachter auf, bevor Schornsteine eingebaut wurden, durch die bei Feuer der Rauch abgeführt werden soll.
Die Folge: Erst sperrte der Flughafen am Freitag die Bereiche unter dem Dach, in denen die Technikbühnen mit den übergewichtigen Ventilatoren hängen. Dann schritt gestern die Bauaufsichtsbehörde ein und verhängte einen „sofortigen Baustopp für die Flächen unterhalb des gesamten Terminaldachs“.
Damit sind bis auf weiteres der Weiterbau der komplexen Entrauchungsanlage und auch die Sanierung der Kabeltrassen eingestellt. Je länger die Unterbrechung dauert, desto schwieriger wird es, den Zeitplan einzuhalten. Dann könnte die fünfte Verschiebung der Eröffnung des Flughafens fällig werden, der eigentlich schon im Oktober 2011 den Betrieb aufnehmen sollte.
Noch ist nicht klar, wie dramatisch die Lage wirklich ist. Möglicherweise wissen es die Ingenieure selbst noch nicht. Klar ist nur, dass Statik-Berechnungen grob missachtet wurden. Der Einbau der zu schweren Ventilatoren geschah offenkundig im Frühjahr 2012. Damals wurde der Druck auf alle Beteiligten vor dem Eröffnungstermin 3. Juni immer größer. Auf der Baustelle ging es drunter und drüber.
Der Berliner Regierende Bür- germeister und Flughafen-Aufsichtsratschef Michael Müller (SPD) zeigte sich gestern alarmiert: „Die neuen Erkenntnisse und der daraufhin verhängte vorläufige Baustopp für das Hauptterminal sind ein Rückschlag“, sagte er. „Wir erwarten, dass die Geschäftsführung den Aufsichtsrat und auch die Öffentlichkeit jetzt sehr schnell und vollumfänglich informiert.“
Nach Auskunft der Flughafengesellschaft ist nun ein „neuer statischer Standsicherheitsnachweis“erforderlich. Wie lang das dauern könnte, dazu wollte sich das Unternehmen gestern nicht äußern. Aus
MEINUNG
Die Entscheider und Macher, Techniker und Handwerker am Hauptstadtflughafen scheinen es darauf anzulegen, mit den legendären Schildbürgern gleichzuziehen. Wie diese mit ihren Streichen stehen inzwischen alle Verantwortlichen an der Flughafenbaustelle wegen der dem Umfeld der Flughafenplaner hieß es, es sei eher eine Frage von Tagen als von Wochen, bis eine Lösung gefunden sei. Es handele sich um eine „beherrschbare Situation“. Nach der Vorgeschichte haben viele Zweifel an dieser Einschätzung.
Erst vor einigen Wochen hatte Flughafenchef Karsten Mühlenfeld einräumen müssen, dass der gesamte Bau in Schönefeld nicht im März 2016 fertig werde, wie eigentlich von der Geschäftsführung geplant. Das verhindere die Pleite des Gebäudeausrüsters Imtech. Das Ziel einer Eröffnung im zweiten Halbjahr 2017 sei nicht gefährdet, hieß es damals.