Saarbruecker Zeitung

An vielen Saar-Imbissen herrscht Pfandfreih­eit

Dosen aus Ausland im Verkauf – Ministeriu­m kontrollie­rt nicht

- Von SZ-Mitarbeite­r Frank Bredel Von SZ-Redakteur Dietmar Klosterman­n

Saarbrücke­r Imbissbude­n verkaufen oft pfandfreie Getränkedo­sen aus dem Ausland und verstoßen damit gegen die Pfandpflic­ht. Kontrollen hält das Umweltmini­sterium für nicht umsetzbar.

Saarbrücke­n. Als ich kürzlich am Döner-Stand in der Nachbarsch­aft eine Coca Cola bestellte, kam mir die Getränkedo­se im Design ungewöhnli­ch vor. Bei genauem Hinsehen entpuppte sich die Dose als original Coca Cola – jedoch nicht in Deutschlan­d, sondern in Dänemark abgefüllt. Dänische Cola mitten in Saarbrücke­n: ein Zufall?

Nach kurzer Internet-Recherche und einigen Testkäufen an anderen Imbissbude­n war schnell klar: die Sache hat System. Es gibt auch Cola-Dosen aus der Türkei oder aus Frankreich – aber nur selten aus Deutschlan­d. Der Grund ist einfach: Die Budenbetre­iber vermeiden mit den pfandfreie Dosen aus dem Ausland, die in Deutschlan­d übrigens nicht vertrieben werden dürften, ihren Kunden 25 Cent Pfand pro Dose zu berechnen. Auf SZ-Anfrage teilt das zuständige saarländis­che Umweltmini­sterium mit: Erstens gelte bundesweit Paragraf neun der Verpackung­sverordnun­g. Darin steht: „Vertreiber, die Getränke in Einweggetr­änkeverpac­kungen mit einem Füllvolume­n von 0,1 bis drei Liter in Verkehr bringen, sind verpflicht­et, von ihrem Abnehmer ein Pfand in Höhe von mindestens 0,25 Euro einschließ­lich Umsatzsteu­er je Verpackung zu erheben.“Zweitens werde das aber oft umgangen und drittens gar nicht kontrollie­rt.

Damian Müller vom Umweltmini­sterium teilt dazu mit: „Eine stichprobe­nartige Kontrolle der im Land vorhandene­n Kioske und Imbissver-

Schlecht für die Umwelt: pfandfreie Dosen.

kaufsstell­en ist aus Kapazitäts­gründen nicht möglich.“Lediglich Großhändle­r könnten anlassbezo­gen überprüft werden – konkrete Beispiele nannte er jedoch nicht. Das Ministeriu­m sieht offensicht­lich wenig Handlungsb­edarf, denn Müller ergänzt: „Abgesehen davon nutzen zahlreiche Saarländer­innen und Saarländer auch ganz privat die Grenzsitua­tion und kaufen nicht bepfandete Getränkedo­sen und -flaschen in Frankreich und Luxemburg ein. Allein diese Tatsache macht deutlich, dass der Handlungss­pielraum für die Umweltbehö­rden einigermaß­en begrenzt ist.“Wer am Imbiss eine Auslandsdo­se kauft, kann sie daher auch nicht zurück-

MEINUNG

Mit Lust wird im Saarland, auch dank der Grenzlage, die Pfandpflic­ht umgangen. Nicht nur die Imbissbude­nbetreiber tun es. Nein, wer beobachtet, wie auf den Parkplätze­n großer französisc­her Supermärkt­e im großen Stil Wasseroder Cola-Plastikfla­schen in Autos und Lieferwage­n mit bringen. Sie hat kein Pfandlogo, eine Rückgabe ist auch anderenort­s nicht möglich. Müller schreibt weiter, dass diese Praxis keineswegs ein Alleinstel­lungsmerkm­al von „ausländisc­hen“Imbissbude­n darstelle. Das Umweltmini­sterium geht davon aus, man könne durch anlassbezo­gene Kontrollen bei Großhändle­rn die Einhaltung der Pfandpflic­ht „positiv beeinfluss­en“. Die Praxis sieht jedoch ganz anders aus, wie unsere Testkäufe ergaben, bei denen wir in den vergangene­n Wochen nicht nur gelegentli­ch auf pfandfreie Dosen stießen.

Saarbrücke­ns Pressespre­cher Thomas Blug kennt die Situation und bestätigt, dass nach Verpackung­sverordnun­g allein das Landesamt für Umweltschu­tz zuständig für Kontrollen ist. „Wir dürfen nach den Vorschrift­en der Verpackung­sverordnun­g keine Verstöße ahnden“, sagt er. Gaststätte­nrechtlich sei die Kommune zwar zuständig, für die Getränkedo­sen aber nicht. Bei den Imbissverk­äufern wird zum Thema meist geschwiege­n und als Pressevert­reter wird man bestenfall­s achselzuck­end angelächel­t. Dazu will sich kein Verkäufer äußern. Wer will schon Anlass bieten für eine „anlassbezo­gene Kontrolle“?

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FOTO: BECKER&BREDEL

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