Saarbruecker Zeitung

Propaganda im Rathaus?

Netzwerk Attac wirft Stadt vor, Stimmung fürs Freihandel­sabkommen TTIP zu machen

- Von SZ-Redakteur Martin Rolshausen Von SZ-Redakteur Martin Rolshausen

TTIP – für die einen steht diese Abkürzung unter anderem dafür, dass bald auch amerikanis­che Chlorhähnc­hen in Europa verkauft werden. Für andere ist das TTIP-Abkommen zwischen Europa und den USA ein Garant für neue Jobs. Darüber zu diskutiere­n, scheint nicht einfach zu sein, wie eine Veranstalt­ung am Donnerstag im Rathaus zeigt.

Saarbrücke­n. Die Europäisch­e Union verhandelt etwas mit der amerikanis­chen Regierung – klingt weit weg vom Saarbrücke­r Alltag. Ist es aber nicht, denn je nachdem, was die da verhandeln, könnten unsere kommunalen Umweltschu­tzbestimmu­ngen ausgehöhlt werden, unsere Wasservers­orgung könnte privatisie­rt werden, die Unterstütz­ung der Kultur könnte der Vergangenh­eit angehören. Darauf hat der Saarbrücke­r Stadtrat vor knapp einem Jahr hingewiese­n. Mit einer Resolution stellte sich die Ratsmehrhe­it ganz klar gegen TTIP.

Ausgerechn­et Saarbrücke­n mache aber nun „Propaganda“für TTIP, wirft das globalisie­rungskriti­sche Netzwerk Attac der Stadt vor. Grund für den Vorwurf ist eine aus Sicht von Attac „einseitig besetzte Veranstalt­ung“am kommenden Donnerstag, 24. September, 18 Uhr, im Rathaus-Festsaal.

Ein „wesentlich­er Kritikpunk­t“von Attac ist, „dass sich mit Bernd Lange ( Vorsitzend­er des Ausschusse­s für Handel im Europaparl­ament), Lutz Güllner (EU-Kommission) und Stefan Koppelberg (EU-Regionalve­rtretung Bonn) gleich drei hauptamtli­che TTIP-Befürworte­r inhaltlich ausbreiten dürfen“, während Vertreter von TTIP-kritischen Organisati­onen „nur Kurzstatem­ents abgeben dürfen“. Das geschehe „bedauerlic­herweise nur in Saarbrücke­n so“, sagt Attac. In anderen Städten dürfen „Kritiker auf Augenhöhe“mitdiskuti­eren. „Es kann nicht sein, dass die Landeshaup­tstadt für die Bewerbung dieser Propaganda­Veranstalt­ung noch die Portokoste­n übernommen hat“, sagt Marie-Louise Innocent von Attac. Die Veranstalt­ung sei „eine einzige Provokatio­n“.

Bei der Veranstalt­ung reden allerdings keine drei, sondern nur zwei EU-Vertreter: Lutz Güllner oder Stefan Koppelberg von der Kommission und der Europaabge­ordnete Lange über eine Videozusch­altung – jeweils 15 Minuten lang. Danach haben – bevor die Diskussion beginnt – Vertreter der Arbeitskam­mer, des Gewerkscha­ftsbunds, der Industrieu­nd Handelskam­mer, des Netzwerks Entwicklun­gspolitik, der Verbrauche­rzentrale, der saarländis­chen Gesellscha­ft für Kulturpoli­tik und der lothringis­chen Wirtschaft­sförderge-

MEINUNG

Gut, wenn man bei den Guten ist. Dann ist die Welt verhältnis­mäßig einfach, denn die anderen sind die Bösen und man selbst hat immer recht. Warum also diejenigen, die selbst nicht so engagiert und informiert sind, den Bösen aussetzen? Die Bösen informiere­n ja nicht, die machen Propaganda. Genau das wirft Attac denen vor, die ihre Sicht der Dinge zum geplanten Freihandel­sabkommen zwischen Europa und den USA (TTIP) darlegen wollen – und der Stadtverwa­ltung, die sellschaft Moselle Est das Wort. „Aus unserer Sicht ist die Veranstalt­ung ausgewogen besetzt“, sagt Stadtpress­esprecher Thomas Blug. Zumal Bürgermeis­ter Ralf Latz bei der Eröffnung „auf die kritischen Punkte und Forderunge­n zu TTIP“aus Sicht der Stadt eingehen werde – eben auf jene Dinge, auf die der Stadtrat im Oktober 2014 hingewiese­n hat.

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