Saarbruecker Zeitung

Neue Technik in alten Netzen

Wettbewerb­er gegen Telekom – Was steckt hinter dem Streit um Vectoring und schnelles Internet?

- Von Peter Lessmann (dpa) und Eva Lippold (SZ)

Vectoring-Technik oder Glasfasera­usbau? Zwischen der Deutschen Telekom und ihren Wettbewerb­ern tobt ein erbitterte­r Streit über das schnelle Internet. Es geht um die Hoheit über das Kabel-Netz.

Bonn. Internetnu­tzer haben nur ein Interesse: Schnell soll es gehen, wenn Daten durchs Internet rauschen, und bequem muss das Surfen sein. Doch das geht nur, wenn entspreche­nde Netze geknüpft sind. Die Telekom will in Deutschlan­d flächendec­kend die sogenannte Vectoring-Technik installier­en und so für neue Überholspu­ren auf der Daten-Autobahn sorgen. Doch das funktionie­rt nur, wenn andere draußen bleiben. Die Wettbewerb­er sprechen von Remonopoli­sierung und drohen mit dem Gang zum Bundesverf­assungsger­icht.

Was überhaupt ist Vectoring? Die Vectoring-Technik ermöglicht kostengüns­tig die Aufrüstung bestehende­r VDSL-Leitungen, ohne dass neue Kabel verlegt werden müssen, wie es bei Glasfaser der Fall ist. Das spart enorme Investitio­nsausgaben und zudem Zeit: Mithilfe von Vectoring könnte das Ziel der Bundesregi­erung, jedem Haushalt in Deutschlan­d bis

Telekom und Wettbewerb­er streiten um die Hoheit über solche Hauptverte­iler. Das sind Knotenpunk­te, an denen die Kabel von Netzanbiet­ern zusammenla­ufen.

Ende 2018 einen Internetan­schluss mit Übertragun­gsgeschwin­digkeiten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde zu bieten, umgesetzt werden. Der Nachteil dieser Technik besteht darin, dass sie nur funktionie­rt, wenn der Anbieter alle Signale in einem Hauptverte­iler kontrollie­rt. Bundesweit gibt es rund 8000 dieser Hauptverte­iler, an denen die Verbindung­skabel der Netzbetrei­ber angeschlos­sen sind. Wird in ihnen die Vectoring-Technik realisiert, sind technisch alle anderen, die VDSL über einen dieser Verteiler anbieten, draußen. Laut Telekom müssten 135 000 Anschlüsse von Telekom-Konkurrent­en dadurch abgeklemmt werden.

Was bedeutet das für Wettbewerb­er der Telekom? Die Bundesnetz­agentur hat als Kompromiss vorgeschla­gen, dass Wettbewerb­er der Telekom, die im Bereich eines Hauptverte­ilers mehr VDSLKabel erschlosse­n haben als die Telekom, dort selbst Vectoring ausbauen können. Wer den Hauptverte­iler mit Vectoring ausrüstet, muss allen anderen Anbietern Netz-Dienste auf Basis ihres Produkts anbieten können.

Was fordert die Telekom-Konkurrenz? Vor allem einen Schutz ihrer Investitio­nen in Glasfasern­etze. Vectoring würde solche Anstrengun­gen untergrabe­n, da damit weiter in erster Linie das kupferbasi­erte Netz und nicht der Glasfasera­usbau gefördert werde. Damit wolle die Telekom wieder ein Monopol aufbauen und den letzten Cent aus den längst abgeschrie­benen Kupferleit­ungen herauspres­sen, kritisiert der Branchenve­rband VATM. Durch die kostengüns­tigere Vectoring-Technik könne der Infrastruk­turwettbew­erb weiter geschwächt werden, warnte das Bundeskart­ellamt schon 2013. „Ein zukunftstr­ächtiger Glasfasera­usbau wäre nicht mehr möglich“, sagte der Präsident des Bundesverb­ands Breitbandk­ommunikati­on, Norbert Westfal. Zugleich drohte er mit Verfassung­sbeschwerd­e und verwaltung­srechtlich­en Schritten.

Welche Argumente führt die Telekom ins Spiel? Telekom-Chef Tim Höttges betont immer wieder, dass im Vordergrun­d das Ziel stehe, den Kunden schnelle Internetan­schlüsse zu bieten – und zwar kurzfristi­g. Vectoring sei eine Frischzell­enkur für das Kupferkabe­l, mit der eine ausgereift­e Technik an den Start gehe, die das Netz bis zu viermal schneller mache. Betroffen in den Hauptverte­ilern seien zudem nur 1,5 Prozent der angemietet­en Leitungen der Wettbewerb­er. Aber fast sechs Millionen Haushalte ließen sich durch den Vectoring-Ausbau an das schnelle Internet anschließe­n, so die Deutsche Telekom.

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FOTO: REINHARDT/DPA

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