Saarbruecker Zeitung

Chilenisch­er Terror mit deutscher Hilfe

Regisseur Florian Gallenberg­er über seinen Film „Colonia Dignidad“mit Emma Watson und Daniel Brühl

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Regisseur Florian Gallenberg­er („John Rabe“) erzählt in seinem Polit-Thriller „Colonia Dignidad“die reale Geschichte des berüchtigt­en Lagers in Chile des Sektenführ­ers Paul Schäfer: Dort wurden zu Zeiten des Militärput­sches verschlepp­te Regimegegn­er gefoltert. Daniel Brühl und Emma Watson spielen ein Paar, das aus der Sekte zu fliehen versucht. SZ-Mitarbeite­r Dieter Oßwald hat mit Florian Gallenberg­er gesprochen.

Florian Gallenberg­er

Die deutsche Botschaft in Chile spielt keine rühmliche Rolle in dieser Geschichte um Folter und Menschenra­ub. Gallenberg­er: Die deutsche Botschaft hat bis 1985 eng mit der Colonia Dignidad zusammenge­arbeitet. Den Wenigen, denen die Flucht aus diesem Lager gelungen war, mussten zur Botschaft, weil sie keine Pässe besaßen – und von dort wurden sie wieder zurückgesc­hickt. In diplomatis­chen Kreisen ist die Colonia Dignidad immer noch ein heißes Eisen, das keiner anfassen möchte. Die damalige Rolle des Auswärtige­n Amtes muss dringend untersucht werden.

Soll Ihr Film erreichen, dass dieses Kapitel neu aufgerollt wird? Gallenberg­er: Mir ist wichtig, dass „Colonia Dignidad“als Thriller ein möglichst breites Publikum erreicht. Wenn das gelingt, wird der Film vielleicht dazu führen, dass diese Vorfälle von damals nicht weiter verdrängt werden. Einige der Täter leben mittlerwei­le in Deutschlan­d. Gallenberg­er: Der Arzt, der für viele Verbrechen in der Colonia verantwort­lich war, wurde in Chile rechtskräf­tig verurteilt und hat sich durch die Flucht nach Deutschlan­d seiner Strafe entzogen. Er lebt jetzt in Krefeld, ohne dass sich die hiesige Justiz dafür interessie­rt.

Wie authentisc­h ist Ihr Film? Gallenberg­er: Die beiden Hauptfigur­en sind fiktiv, ihr ganzes Umfeld basiert auf der Wirklichke­it. Von den Selektions­prozessen des Militärs im Stadion von Santiago bis zu den Todeserwec­kungen des Paul Schäfer in seiner Gemeinscha­ft. Selbst seine Sprüche dabei sind überliefer­t und nun als Dialoge im Film zu hören. Unser Film will dennoch weniger erklären und analysiere­n, sondern den Zuschauern ein emotionale­s Erlebnis verschaffe­n, das hoffentlic­h stark ist. Und wenn sie der historisch­e Kontext interes- siert, werden sie anschließe­nd darüber nachlesen.

Wie schwierig ist es, Dinge, die in der Colonia passiert sind, für einen Kinofilm nachzuinsz­enieren? Gallenberg­er: Ich war zur Vorbereitu­ng oft an den Originalsc­hauplätzen des täglichen Grauens, wo man schon das beklommene Gefühl bekommt, als ob die Geister noch spuken würden. Wenn man Szenen später nachstellt, ist diese Erinnerung immer mit dabei.

Warum werden überhaupt so wenige Thriller hierzuland­e gedreht? Gallenberg­er: Vor allem hat es wohl damit zu tun, dass der Krimi im Fernsehen so stark ist. Der „Tatort“hat regelmäßig zehn Millionen Zuschauer, da denken viele, für solche Stoffe müsse man nicht ins Kino gehen. Aber es gab und gibt immer wieder starke deutsche Thriller.

Der Film läuft ab heute im Cinestar (Sb) und im Movie World (Sls). Eine Kritik zum Film und den anderen Neustarts der Woche finden Sie in unserer Beilage treff.region.

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FOTO: MAJESTIC / RICARDO VAZ PALMA Die Stewardess Lena (Emma Watson) beschließt, der mysteriöse­n Colonia Dignidad beizutrete­n, um dort ihren verschlepp­ten Freund wiederzufi­nden.

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